Ciao, Niki!

Niki Lauda, die rot-weiß-rote Formel-1-Legende, ist tot. Er starb im Alter von 70 Jahren im Kreise seiner Familie.

Das Leben ist eine breite Straße und nur einer weiß, wann sie endet." Für Niki Lauda war das Sterben völlig logisch, wie so vieles im Leben. Auch war er ein Mann der klaren Worte, hasste Verschwendung, ganz gleich ob Zeit oder Geld. Und er war ein Kämpfer.

1971 startete Niki Lauda hochverschuldet in die Formel 1, völlig ohne Unterstützung seiner wohlhabenden Familie.  Das Überwinden von wirtschaftlichen und gesundheitlichen Rückschlägen gehörte für ihn dazu, wie das Gewinnen von Rennen und Weltmeistertiteln. Eines aber wollte Lauda nie sein: Er mochte es nicht, Legende oder Ikone genannt zu werden. "So ein Blödsinn! I leb' ja noch", sagte er im auto touring-Interview vor zwei Jahren. Aber jetzt, wo er von der Straße des Lebens zurück in die Box gefahren ist, bleibt nur zu sagen: R.I.P. Niki, jetzt bist Du endgültig Legende.

Als Erinnerung an Niki Lauda: sein letztes Interview mit auto touring (2017)

"Sei ja pünktlich“, wurde ich gewarnt. "Sonst wird der Lauda grantig!“ Wann war ich jemals unpünktlich, wenn es um ein Exklusiv-Interview ging? Und dann ist er da, in der Hospitality des Mercedes-Formel-1-Teams am Red Bull Ring: braungebrannt, rotes Kapperl. No na! Bestellt Kaffee und stilles Wasser. Im Vorbeigehen noch ein paar Sätze fürs Radio. "Wie lange wird's dauern?", fragt er. "Zwölf Minuten!" Ein Lächeln. Exakte Antworten gefallen Niki Lauda. Und gleich noch eine Order an die Hospitality-Ord­onanz: "Nachher will ich mit Lewis sprechen."


 1984: Der historische Heimsieg

 

— Nach 50 Jahren Motorsport immer noch in der Formel 1 aktiv. Ist das Ihre Droge?

Niki Lauda: Falsch! Ich hab in der Formel 1 alles erlebt. Unfälle, eine WM um einen halben Punkt gewonnen, eine um einen Punkt verloren. Dass ich heute als Aufsichtsratsvorsitzender da bin, ist das Resultat nüchterner Analysen von Mercedes. Die haben befunden: Wir können den Wolff und den Lauda brauchen. 

— Ein Job mit vielen, auch weiten Reisen. Wie halten Sie das kräftemäßig durch?

Lauda: Nur weil ich überall selbst hinfliege, mit meinem Privat-Jet. Ein unglaublicher Zeitvorteil. Denn ich entscheide, wann ich lande und wann ich nach einem Rennen wieder abfliege. Der Österreich-Grand-Prix ist mir der Liebste, da flieg ich von Wien in nur 20 Minuten hin. Müsste ich zu allen Rennen Linie fliegen mit all den Verspätungen und so weiter, wär mir das zu mühsam.

— Ist der heutige Red Bull Ring ein Ort besonderer Erinnerungen für Sie?

Lauda: Wie gesagt, ich freu mich, weil ich nicht weit fliegen muss. Zweitens freut es mich hier mit den Legenden zu fahren, da sind wir Österreicher unter uns. Rückblicke, so es die überhaupt gibt, gibt es für mich nur mehr einen: 1984 im McLaren trotz Getriebeschaden hier zu gewinnen. Der Sieg, der mir schlussendlich die Weltmeisterschaft gebracht hat, mit einem halben Punkt Vorsprung.

— Wären sie lieber heute als damals Formel-1-Pilot?

Lauda: Völlig logisch, dass ich lieber heute als damals Formel-1-Pilot wäre. Ich würde das Zehnfache verdienen und hätte null Risiko.

Die Formel 1 verändert sich

— Nun hat sich die Formel 1 nach viel Kritik, über Sound, Reifen etc. wieder verändert. Ist es diesmal die richtige Richtung?

Lauda: Die Autos sind heuer vier Sekunden schneller, dadurch wurden die Rundenrekorde hinunter geschraubt, breitere Reifen erlauben es, die Autos aggressiver zu fahren. Also alles was vom Vorjahr auf heuer passiert ist um die Formel 1 interessanter zu machen, war völlig richtig. Und: Das Verhältnis Mercedes gegen Ferrari hat sich plötzlich verschoben. Drei Jahre lang sind wir allen um die Ohren gefahren, jetzt ist Ferrari gleich oder besser. Hat unsere Monotonie abgelöst und das Interesse an der Formel 1 unglaublich gesteigert. Erst ab Silverstone waren wir wieder dominant. Schauen wir, ob das so bleibt. Nach Reglement-Änderungen ist es immer so, dass Teams, die das Reglement am besten interpretieren, die schnellsten Autos bauen.

— Wie geht es Ihnen jetzt in einer Formel 1 ohne Bernie Ecclestone?

Lauda: Der Bernie hat mit der Formel 1 einen unglaublichen Wert geschaffen. Jetzt haben die Amerikaner die Marke gekauft, versuchen sie auf ihre typische Art zu ändern. Die Ansätze sind vielversprechend. Aber: Erkennt Liberty Media die DNA der Formel 1 richtig, als globale, elitäre Rennserie, dann wird es vorangehen. Wenn nicht, geht der Schuss nach hinten los.

— Sind die propagierten 25 Rennen so ein Knackpunkt?

Lauda: Das würde gar nicht gehen. Wir haben einen Vertrag, der nur maximal 22 Rennen zuläßt. Außerdem kannst du nicht von Jänner bis Dezember Formel-1-Rennen fahren, wen würde das noch interessieren?

Lauda ist omnipräsent

— Ist Social Media so ein guter Ansatz?

Lauda: Ich verstehe das alles nicht. Menschen werden bewertet, wie viele "Likes" sie generieren. In dieser Welt leben wir heute. Es gibt aber sicher einige Berufsgruppen, denen es hilft. Zum Beispiel Schauspieler. Da bekommt der mit fünf Millionen Likes die Rolle eher als einer mit nur drei Millionen. Mir hilft es gar nix. Der Lewis macht's aus Hetz. Gut für seinen Beliebtheitsgrad, die Sponsoren freut's, aber der Formel 1 bringt das nichts.

— Profisportler in den USA verdienen Unsummen. In der Formel 1 müssen die meisten Fahrer Geld mitbringen. Das ist doch pervers?

Lauda: Das war immer so. Auch ich musste mich damals hoch verschulden. Das ist nichts Bösartiges. Fakt ist: Ob mit oder ohne Geld, wer nicht entspricht, fliegt eh bald wieder raus.

— Bleiben wir beim Geld. Die Kosten für die Teams explodieren, vor allem für die Motoren. Wäre eine Budget-Grenze die Lösung?






Völlig logisch, dass ich lieber heute als damals Formel-1-Pilot wäre. Ich würde das Zehnfache verdienen und hätte null Risiko.






Niki Lauda, 3-facher Formel-1-Weltmeister


Lauda:In den 1970ern war Ferrari mit einem Mörder-Budget erfolgreich, dann Tyrrell oder das Brabham-Team von Bernie Ecclestone. Je mehr Geld die Formel 1 generiert, desto mehr geben die Teams aus – logisch. Jetzt jammern die kleinen Teams, sie hätten zu wenig Geld. Klar: keine Leistung, keine Sponsoren, kein Geld. Eine Budget Cap kannst du nicht einführen, sie ist nicht exekutierbar. Weil dann Ferrari Formel-1-Teile einfach in der Auto-Produktion erzeugen würde. Trotzdem bin ich gegen den Budget-Wahnsinn. Und für eine Lösung mit einem Zeitfenster von drei, vier Jahren. Sonst müssten die Teams ja über Nacht die halbe Belegschaft rausschmeißen.

— Warum waren Sie so sauer auf Vettel nach seinem Konflikt mit Hamilton im Grand Prix von Aserbaidschan in Baku?

Lauda: Vettel fährt dem Lewis hinten rein, regt sich auf und klagt, Lewis hätte gebremst. Ich hab gleich gesagt: Immer der, der von hinten drauffährt, ist schuld – wie im Straßenverkehr, logisch. Dann sind alle auf mich losgegangen. Vettel hat behauptet, Lewis hätte gebremst, um ihn absichtlich auffahren zu lassen. Die Daten zeigen aber: Das stimmt nicht. Lewis ist gerollt, bis das Safety Car die Start-Ziel-Linie überquert hat. Er hat alles richtig, Vettel alles falsch gemacht, der ist zu knapp dran gewesen, weil er unbedingt überholen wollte. Nach drei Tagen ist Vettel drauf gekommen und hat sich bei Lewis entschuldigt. Ich hab nur kritisiert, dass er dafür so lang braucht. Aber den Leuten gefällt so etwas. Für die Formel 1 ist das das Beste, was passieren kann.

— Na ja! Hamilton ist auch kein Engerl, er hat Vettel sogar zum Faustkampf eingeladen?

Lauda:Watschen hat es in der Formel 1 immer gegeben. Erinnere dich: Piquet und Salazar. Wenn ich früher auf jemand ang'fressen war, bin ich ihm reingefahren. So war’s damals. Es gab aber auch nicht so viele Kameras an den Strecken (grinst).

Rotkäppchens Reizthemen

— Sie haben ziemlich sauer auf den Rücktritt von Nico Rosberg reagiert. Haben sie ihn vielleicht auch irgendwo verstanden, dass er sich so ein aufreibendes Stall-Duell mit Lewis Hamilton nicht mehr antun wollte?

Lauda: Jeder kann zurücktreten, darum geht's nicht. Mir ging's nur um den Zeitpunkt. Hätte er einen Warnschuss abgegeben, hätten wir uns vorbereiten können. Für den Toto und mich war das ein schwieriger Winter. Gott sei Dank konnten wir in letzter Sekunde Bottas verpflichten. Der ist eine Erlösung für uns, ein Segen, denn er ist genau so schnell wie es Rosberg war.

— Aber wäre nicht Vettel als Entwickler, Ehrgeizler und Deutscher perfekt für euch gewesen?

Lauda: Vettel hatte einen Vertrag mit Ferrari, der heuer ausgelaufen wäre, und ich hab schon früh gewusst, dass er verlängern wird. Daher: Nein, Vettel war keine Option.

— Der Film "Rush" (Link: Interview mit Lauda-Darsteller Daniel Brühl) erzählt Ihren Zweikampf mit James Hunt. Sind Sie stolz drauf?

Lauda: Der Film bedeutet mir nichts. Hin und wieder kommen Leute auf mich zu und ­sagen, ich sei jetzt eine Legende. Dann sag ich: "Hearn S', ich leb ja noch." Ganz arg ist es, wenn sie mich Ikone nennen (lacht laut).

— Welcher Typ sind Sie im Straßenverkehr?

Lauda: Diszipliniert! Ich mach keinen Blödsinn, zahle nie. Nur einmal in Amerika hab ich die Spuren gewechselt, ohne zu blinken. Sagt der Cop zu meinem Beifahrer: "Sie sitzen neben dem dümmsten Fahrer der Welt."


Der Film "Rush". Alles für den Sieg


Andreas Nikolaus Lauda, vulgo „Niki Nazionale“

Geboren am 22. Februar 1949 in Wien. Kauft sein erstes Auto mit 15, ein VW Käfer Cabrio. 1968: Erstes Rennen auf Mini Cooper. 1969: Formel-Debut in einem Kaimann. 1971 bezahlt Lauda 2 Millionen Schilling für ein Formel-1-Cockpit bei March. Wird Weltmeister in den Jahren 1975, 1977 auf Ferrari und 1984 auf McLaren. 1976: Feuerunfall auf dem Nürburgring. Trotzdem verliert Lauda die Weltmeisterschaft nur knapp an James Hunt: Das letzte Rennen in Fuji wird zum Regenkrimi. Diese Saison dient als Stoff für den Ron Howard-Film „Rush“ (2013).  Laudas letzter Start: GP Australien 1985. 2012 wird der erfolgreiche Airliner Mercedes-Formel-1-Aufsichtsratsvorsitzender.  2016: Ehrung mit dem Laureus Award für sein Lebenswerk.