Range Rover (sic!) Defender

Ein Fehler gleich in der Headline? Mitnichten! Der neue Defender ist mittlerweile so cosy wie ein Rangie und objektiv gesehen um Welten besser als sein kantiger Vorgänger. Emotional erkraxelt jedoch nur der Alte unser Herz.

Weil diese Zeilen sicherlich auch von einigen Alt-Defender-Fahrern gelesen werden: We feel you! Wir haben viele eurer Foren-Einträge und Äußerungen auf den diversen Social Media-Kanälen gelesen, gehört und gesehen. Wir spüren den Schmerz, den die Neuauflage dieser Automobil-Ikone in euren Herzen hinterlassen hat.

So schön hätte es werden können, hätte Land Rover den Defender doch bloß so behutsam wie Mercedes das G-Modell in die Neuzeit transferiert. Hätten sie beispielsweise den Türen die Akustik und der Optik das Kantige erhalten. Hätten sie dem Innenraum das Archaische und der Technik – zumindest hie und das – das Leicht-Reparierbare gelassen. Hätten sie nur nie auf die Ellbogen-Knappheit und diese Omnipräsenz fühl-, spür- und hörbarer Mechanik verzichtet. Ach. Seufz.

Bruch folgt Wagnis folgt Neuanfang






Liebe Alt-Defender-Fans: We feel you! Wir spüren den Schmerz, den die Neuauflage dieser Automobil-Ikone in euren Herzen hinterlassen hat.






Alexander Fischer, Redakteur


Hätte, hätte, haben sie aber nicht. Sie wagten den Bruch. Wagten die (vorläufig) emotional kontroversiellere Entscheidung, wohl akzeptierend (und hoffend), dass der Aufschrei nur so lange anhält, bis sich die Qualitäten des Neuen ausreichend herumgesprochen haben werden.

Ein bisserl erinnert uns diese Vorgehensweise der Jaguar-Land-Rover-Gruppe ja an den seinerzeitigen Stilwechsel beim Jaguar XJ im Jahr 2009, als die vier charakteristischen Rundscheinwerfer verloren gingen – dieser Wechsel war ähnlich hart, ähnlich kontrovers, und, eh: mediales Gepolter, aufgebrachte Fans, et cetera. Wer einen Blick zurück werfen mag, bitte: Dieser Wikipedia-Link führt zu einer chronologischen Auflistung der Modelle der Marke Jaguar.

Da, hier, jetzt, steht jedenfalls eine mächtig opulente Range-Rover-Variation mit gelegentlichen Alt-Defender-Zitaten vor einem; sehr lang (über fünf Meter), sehr hoch (über zwei Meter), sehr breit (knapp zwei Meter), schnörkellos, glattflächig und stellenweise recht rundlich – damit ist zumindest zum Thema Design aber eigentlich auch schon wieder alles gesagt.

Dass die technische Verwandtschaft des neuen Defender zum Rest der Familie ebenfalls recht eng ist, überrascht (und stört) hingegen kaum einen der Nörgler.  

Deswegen: Gebt dem Neuen eine Chance!

Setzt euch hinter das Volant, zieht von dannen und ihr werdet sehen: In Bezug auf seine Kernkompetenz, seine Offroad-­Fähigkeiten, hat er absolut nichts an Attraktivität eingebüßt. Im Gegenteil: Er hat sogar noch zugelegt und kraxelt, dass es nur so eine Freude ist. Wobei das mit dem Zulegen eigentlich auf praktisch jede Eigenschaft anwendbar ist, sei es das Gewicht, die Motorleistung, die Multi-Media-Ausstattung oder was auch immer. 

Für alle Ungedudigen – ein audiovisueller Dreiminüter

Im folgenden Clip berichten wir NICHT ausführlich über den neuen Defender, eher geht's um die Quintessenz unserer Erfahrungen, Eindrücke und Beobachtungen. Wir nennen hier sechs Dinge beim Namen – drei, die uns gefallen, und drei, die uns weniger gefallen.

Die Gatsch- und Geländeaufnahmen entstanden übrigens im Offroadzentrum Stotzing. Wer vielleicht einmal selbst seinen eigenen SUV oder Geländewagen kraxeln und kippen lassen oder einfach nur mit professioneller Unterstützung die eigenen Fähigkeiten trainieren mag – dort ist der ideale Platz dafür. Informationen und Anmeldeformulare sind auf der Website zu finden.

Alt versus Neu – die Unterschiede






Früher, beim Alten, hast du jeden Kieselstein gespürt, war die Lenkung schwergängig, verlangte die Bedienung des Getriebes nach einem Kraftakt.






Alexander Fischer, Redakteur


Der wirklich größte Unterschied zum Alten ist der Komfort des Neuen – und zwar in jeder Hinsicht. Früher, beim Alten, hast du den Fahrtwind stets pfeifen und Getriebe wie restliche Mechanik surren und singen gehört. Im Neuen nimmst du davon keine Notiz. Zu gut ist die Innenraumdämmung.

Zwar war unser Testwagen im Bereich der Windschutzscheibe offensichtlich schlecht verarbeitet, lösten sich außen Teile der Verblendung der A-Säule und knisterte bzw. prasselte es innen ab 100 km/h so laut, als ob man einen Starkregenschauer durchfahren würde, aber davon abgesehen – ein riesengroßer Fortschritt.

Früher, beim Alten, hast du jeden Kieselstein gespürt, war die Lenkung schwergängig, verlangte die Bedienung des Getriebes (mittels der zwei riesigen Schaltstöcke) nach einem Kraftakt. Zwar waren die Möglichkeiten des Vorankommens im Gelände schon damals großartig, aber das Überwinden von gröberen Unebenheiten erforderte doch Umsicht und Erfahrung hinter dem Volant.

Und jetzt: On- wie offroad eröffnen sich dank einer Heerschar an elektronischen Assistenten und Kameras sowie des Luftfederfahrwerks gänzlich neue Defender-Momente. Im Gelände schwierige Passagen zu meistern, ist vergleichsweise einfach geworden (freilich: ohne grundlegende Offroad-Fahrkenntnisse geht's dennoch nicht).

Über gepflegte Feldwege zu fahren fühlt sich nicht anders an als über eine schlecht asphaltierte Landstraße. Und selbst holprige, von der Witterung und grobstolligen Traktorreifen malträtierte Feldwege verlieren im neuen Defender ihre Rumpelhaftigkeit.

Man mag das ja zu Beginn gar nicht so recht wahrhaben bzw. unterliegt man einfach einer Fehleinschätzung, aber spätestens der unmittelbare Umstieg und Vergleich mit dem Vorgänger öffnet einem die Augen – und man erkennt: Das Luftfederfahrwerk ist eine Wucht, es lässt den Defender satt und sicher auf der Straße liegen, nimmt im Gelände den Erschütterungen das Erschütternde.

Onboard im neuen Defender

Leben, fühlen, fahren. Ein Blick auf Materialien, Technik und Reminiszenzen. Plus der obligatorische Ellbogen-Check. 

Früher war alles anders






Ganz ehrlich: Die Kratzfestigkeit und Verarbeitungsqualität mancher Innenraum-Oberflächen ist erbärmlich.






Alexander Fischer, Redakteur


Früher, im Alten, musste der Fahrer das Fenster runterlassen, wollte er Platz für seinen linken Ellenbogen haben. Beim Neuen kann das Fenster getrost zu bleiben, Platz genug, er ist ja auch knapp zwei Meter breit (siehe auch letztes Foto in der Bildergalerie unmittelbar über diesen Zeilen).

Früher, beim alten Defender, konntest du auf unnachgiebige Trittbleche über den Radkästen steigen, um Ausschau zu halten. Beim Neuen haben wir uns den Schritt hinauf auf den Kotflügel dann aber doch zweimal überlegt. Erstens, weil die diagonal geriffelten Plastik-Platten ebenda bei auferlegtem Druck immer wieder knacksten. Zweitens, weil die Radkästen sich zwar nicht verformten, aber doch spürbar nachgaben. Doppelt vorsichtig haben wir es dann übrigens doch mit der Vorsicht und Geschmeidigkeit einer Katze probiert, und, siehe da, nix passiert.

Früher waren die Materialien im Innenraum zwar nicht besonders schön, aber robust. Jetzt ist's teilweise umgekehrt. Ganz ehrlich: Die Kratzfestigkeit und Verarbeitungsqualität mancher Innenraum-Oberflächen sind erbärmlich und eines Autos, das bereits in der Basisvariante rund 66.000 Euro kostet, unwürdig.

Früher waren Motor, Fahrwerk und Antrieb relativ gut zugänglich, konnten auch in der Wildnis mit vergleichsweise einfachen Mitteln repariert werden. Tja, auch das ist jetzt anders.

Exkurs: Der Defender in Kleinteilen – die Lego-Episode und ihre kuriosen Folgen

Land Rover hat ja bei der Präsentation des neuen Defender gehörig an der Dramaturgieschraube gedreht. Immer wieder tauchten neue Designs auf, wurde der Erscheinungstermin nach hinten korrigiert.

Im März 2020 war es dann endlich so weit. Im Umfeld genialer Zahradnik-Fotos schrieb Kollege Christoph Löger damals: "Wir unternehmen eine eher ungewöhnliche Krisen-Expedition mit dem ersten Testwagen, dessen wir habhaft werden konnten, und klären auf, buchstäblich Stein für Stein."

Dass die von ihm angegebene Wattiefe des Testwagen tatsächlich nur vier Zentimeter betrug, mochten einige unserer Leser auf den erste Blick nicht recht glauben…

And finally: The Erich-Reismann-Wallpaper-Selection

No further explanation needed…

Der wirklich größte Unterschied zum Alten ist der Komfort des Neuen – und zwar in jeder Hinsicht. 

Alexander Fischer, Redakteur