"Bei den Akkus ist noch viel mehr möglich!"

In den Batterien von E-Auto steckt noch sehr viel Potenzial, meint Univ.-Prof. Maximilian Fichtner von der Universität Ulm in seinem Gastkommentar für auto touring. 

Die Entwicklung der Akkus für Elektroautos erfolgt in einem fast schon atemberaubenden Tempo. Schon in fünf Jahren werden sie 80 bis 100 Prozent mehr Reichweite erlauben, weil im gleichen Gehäuse mehr Speichermaterial untergebracht werden kann – und weil die Kapazität der Speichermaterialien weiter wächst. 

Auch völlig neue Akku-Technologien mit anderen Eigenschaften werden zum Einsatz kommen, Natrium-Ionen-Akkus etwa. Der weltgrößte Batteriehersteller CATL hat bekannt gegeben, bald in deren Massenproduktion einzusteigen. Diese Akkus haben zwar den Nachteil einer etwas geringeren Speicherkapazität, sie lassen sich aber sehr schnell beladen – selbst bei tiefen Temperaturen, da bieten sie sogar anteilig mehr Speicherkapazität. Sie sollen auch nur etwa die ­Hälfte von Lithium-Ionen-Batterien kosten. 

Deren Preise sind in den letzten zehn Jahren um 90 Prozent gesunken, gleichzeitig hat sich ihre Speicherkapazität verdoppelt.

Die Akkus halten immer länger

Wer heute ein Elektroauto kauft, kann mit 2.000 vollen Be- und Entladezyklen rechnen, bis der Akku das sogenannte End-of-Life-Kriterium erreicht hat und seine Speicherkapazität auf 80 Prozent gefallen ist. Auf diesen Richtwert haben sich die Hersteller verständigt. Bei einem Auto mit 500 Kilometer Reichweite sind das eine Million Kilometer. Ein voller Ladezyklus ist ein ­Ladevorgang über die gesamte Speicherkapazität, also von ganz leer bis ganz voll. 

Das Gute an der Lithium-Ionen-Technologie ist, dass man mit ihr in jedem Lade­zustand fahren kann, ohne Leistungsein­bußen oder Alterungsprozesse befürchten zu müssen. In Europa hat man sich jetzt darauf verständigt, 3.000 Zyklen anzugehen. Die Lebensdauer ist also heute kein Thema mehr. 

Ersatzakkus sind auch kein Thema mehr. Ich bin mir nicht sicher, ob Sie nach fünf Jahren noch ganz genau den baugleichen Akku bekommen, aber sie werden mit ­Sicherheit einen bekommen, der genau an die Stelle des alten passt und vielleicht sogar ein bisschen mehr kann, weil die alte Batteriechemie ja nicht mehr verbaut wird. Und das ist ja ganz bestimmt kein Nachteil.

Was im Kommen ist: eine Fast-Verdoppelung der Reichweite zu weit niedrigeren Kosten und mehr Nachhaltigkeit.

"Batteriepapst" Maximilian Fichtner

E-Autos brennen seltener

Oft heißt es, E-Autos seien brandgefährlich. Die Zahlen der Versicherer zeigen aber, dass sie pro zugelassenem Fahrzeug ­etwa 20 Mal seltener brennen. Das liegt auch an den bewegten Teilen des Antriebs: Herkömmliche Motoren haben rund 1.800, ein E-Auto hat nur 50. Diese liegen an Stellen, die nichts mit der Batterie zu tun haben. Durch ihren Elektrolyten hat die Batterie ein gewisses Brandrisiko, die Flüssigkeit brennt ähnlich leicht wie Benzin, wenn man sie entzündet. Eine Batterietechnologie, die noch einmal deutlich sicherer ist, ist im Kommen: Akkus, die Eisenphosphat statt Kobalt und Nickeloxid verwenden und ein neues Zell­design aufweisen. Diese Akkus erhitzen nicht mehr, wenn man einen Nagel durchschlägt, und man kann sie sogar verbiegen (etwa bei einem Crash), ohne dass sie Feuer fangen. 

Ein anderer Weg ist die Entwicklung der sogenannten Feststoffbatterie, bei der alles, was brennbar ist, also die Flüssigkeit im Inne­ren, der Elektrolyt, durch Keramik ersetzt wird. Es gibt unterschiedliche Aus­sagen, wie weit bestimmte Hersteller damit schon sind, Erfinder Toyota spricht von einer Marktreife 2025. Die Firma QuantumScape, die mit Volkswagen kooperiert, ist nach eigenen Berichten schon recht weit. Wenn das stimmt, kann man schon in zwei bis drei Jahren mit einer Feststoffbatterie rechnen.

Batterien und Nachhaltigkeit

Auch in Sachen Nachhaltigkeit tut sich viel. Kobalt, dessen Anteil pro Fahrzeug immer geringer wird, wird bald vollständig aus der Fahrzeugbatterie verschwinden und findet sich dann nur noch in Kurbelwellen und Zylinderköpfen der Verbrenner. In der Batterie ersetzt wird es durch kobaltfreie Mate­rialien, etwa durch Eisenphosphat, das in der Natur vorkommt. Das kann man mit der Spitzhacke aus dem Berg klopfen, aber auch aus unseren phosphathaltigen Abwässern gewinnen, wenn man Eisensalz hinzufügt. Dann fällt ein weißes Pulver aus, das man mehr oder weniger direkt in eine Batterie einsetzen könnte. 

Wenn Auto-Akkus nur noch 80 Prozent ihrer Speicherkapazität haben, kann man sie für andere Zwecke verwenden, etwa als Speichermedien für Strom aus Windrädern und Photovoltaik. Da haben sie moderatere ­Arbeitsbedingungen als im Auto und können noch zehn bis 15 Jahre gut arbeiten, bevor sie verschrottet oder recycliert werden müssen. Derzeit werden Altbatterien geschreddert und aufgeschmolzen, um aus dem Produkt die Rohstoffe zur Wiederverwertung zu gewinnen. In Zukunft werden Roboter die Akkus öffnen, die Speicher­materialien von den Folien entfernen und waschen, damit sie wiederverwertet werden können. Einige Auto­hersteller erproben das bereits.  

Univ.-Prof. Maximilian Fichtner (61) ist Pro­fessor für Festkörperchemie an der Universität Ulm und gehört zu den führenden Batterieforschern Europas. Ein ausführliches Interview mit ihm hören Sie auch auf www.oeamtc.at/podcast.