Mercedes-AMG E 63 S

Das Gute an 150.000 Euro Anschaffungspreis: Besitzer dieses Krawallmachers wohnen selten in Reihenhaus-Siedlungen, wo beim Start des 612-PS-V8 der Frühstücks-Kakao der Nachbarkinder sauer würde. Wir haben uns den Bollerwagen also lieber fernab der Zivilisation zur Brust genommen.

Rechtzeitig zum 50-jährigen Firmenjubiläum beschenken die Edelschrauber von AMG sich und die Welt mit einem Auto, das auf den Stammtischen locker als veritabler Gesellschaftsspalter durchgeht: die schnellste E-Klasse aller Zeiten nämlich.

Überzeugte Baumliebhaber auf der einen Seite sehen in dem Ungetüm ein Taxi auf Steroiden, dessen Niederkunft unsere angeschlagene Natur vollends in eine endzeitliche Dystopie verwandeln wird. Die Benzinbrüder von der Gegenfraktion wiederum laufen aufgeregt mit wedelnden Armen umher und lesen aus dem überkandidelten Benz die letztgültige Definition des automobilen Geilheits-Plafonds heraus.

Nun, bevor wir uns dem Ding aus abgebrühter auto touring-Perspektive widmen, lassen Sie mich ein Geheimnis verraten: Beide Parteien haben unrecht. Die einen, weil die Handvoll Exemplare, die unsere Straßen heimsuchen werden, im Vergleich zu den abermillionen Diesel-Gölfen ringsum in Sachen Umweltbelastung schlicht vernachlässigbar sind. Die anderen, weil satte zwei Tonnen Metall, Plastik, Glas und Leder trotz unbändiger Power nach wie vor eine fahrdynamische Grenze haben: die Physik. 

Vorweg vielleicht gleich die Autoquartett-Zahlen zur Einordnung des Wahnsinns:

* 4-Liter-V8-Biturbo-Benziner
* 612 PS
* 850 Newtonmeter Drehmoment
* 0-100 km/h in 3,4 Sekunden
* Verbrauch: naja
* 250 km/h Spitze (300 km/h mit AMG Drivers Package))
* AMG-Speedshift-9-Gang-Sportgetriebe
* Allradantrieb
* Preis: ab 152.730 Euro

Erstkontakt

3x genau hingeschaut

In freier Wildbahn

Mein Fazit

Irgendwie hinterlässt mich der E 63 S AMG unschlüssig. Bitte nicht falsch verstehen: Die schiere Urgewalt von 612 PS liefert instante Kurzweil, auch den Wolf-im-Schafspelz-Charakter empfindet man ein paar Tage lang als durchaus lustig. Aber irgendwann beginnt das fordernde Wesen des Biturbo-V8 samt seines langfristig wohl eher mühsamen Gebrülls im Alltag zu nerven.

In einem Mercedes möchte ich – und dem kann man sich im Falle AMG nur schwer entziehen – nicht ständig das unterbewusste Gefühl haben, für ihn arbeiten zu müssen. Vielmehr sollte es umgekehrt sein. Aber ganz klar: Auch für so etwas gibt es ein Zielpublikum. Dem ich nicht nur deshalb nicht angehöre, weil ich kopfschüttelnde Passanten eher peinlich finde, sondern vor allem auch, weil mein Kontostand diese Anschaffung selbst im übernächsten Leben nicht verschmerzen würde.