London-Taxi: Zurück in die Zukunft

Taxis in London sind wie Relikte aus einer guten, alten Zeit. Doch mit komplett neuer Technik hat das "Black Cab" aber wieder Zukunft.

Die Geschichte beginnt 1948, also vor mittlerweile 73 Jahren. Als Austin FX3 startete das London-Taxi seine lange Reise. Der Nachfolger FX4, 1958 vorgestellt, wurde dann der Klassiker, den wir alle kennen. Das London-Taxi gehört zur britischen Hauptstadt wie die Doppeldeckerbusse oder die roten Telefonzellen.

Trennwand zwischen Fahrer und Fahrgästen, weit öffnende Türen und ab 1986 auch Rollstuhl-tauglich – die Black Cabs sind ganz auf das Taxigewerbe zugeschnitten. Der Wendekreis von nur 7,6 Meter (ein normales Auto hat so zwischen zehn und elf Meter) war für Londoner Taxis übrigens vorgeschrieben.

Die Geschichte geht weiter

2012 geriet der Mutterkonzern des Herstellers "The London Taxi Company" in wirtschaftliche Schieflage und musste Insolvenz anmelden. Der chinesische Konzern Geely, schon bisher Anteilseigner, übernahm. Geely sagt Ihnen nichts? Geely hat auch andere schöne Töchter, etwa Volvo. Und aus "The London Taxi Company" wurde die "London Electric Vehicle Company", kurz LEVC. Und damit geht die Geschichte des Black Cab weiter.

Die Neuentwicklung mit dem Kürzel "TX" für Taxi bleibt dem grundsätzlichen Konzept treu und setzt auf die bekannte Optik, allerdings mit neuer Volvo-Technik. Der TX hat einen Elektro-Antrieb, also Akku und E-Motor, aber auch einen Verbrennungsmotor an Bord. Der Dreizylinder-Benziner mit 1,5 Liter Hubraum dient als sogenannter Range Extender, als "Reichweiten-Verlängerer".

Der Akku mit einer Kapazität von 31 Kilowattstunden garantiert eine rein elektrische Reichweite von gut 100 Kilometern. Ist er fast leer, springt der Verbrennungsmotor ein. Der treibt aber dann nicht direkt die Antriebsräder an, sondern erzeugt den Strom für die Batterie.

"Er woart auf des Brummen von an Mercedes-Diesel, …

… doch der kummt net, kummt net." ("Taxi" von DÖF/Tauchen & Prokopetz)

Überzeugende Technik

Mit seinem 110 kW starken E-Motor ist der LEVC TX zwar kein Sprinter (er hat ja auch ein Leergewicht von gut 2,2 Tonnen), aber die Fahrleistungen sind – vor allem für den Stadtbereich – vollkommen ausreichend. Der Dreizylinder-Benziner stammt von Volvo, hat eine Leistung von 91 PS, ist überraschend laufruhig und zusätzlich zum Fahrgastraum hin gut gedämmt. Mit dem Benzin aus dem Tank kann er Strom für weitere 500 Kilometer erzeugen. Höchstgeschwindigkeit: 130 kmh.

Die Bedienelemente und der mittige Bildschirm im Hochformat – das kennt man alles von Volvo. Drei verschiedene Fahrmodi stehen zur Verfügung: "Pure electric", "Smart" (je nach Fahrsituation elektrisch oder mit dem Range Extender) und "Save" (hält den Akkustand).

Das "Pure electric" nimmt der LEVC übrigens sehr ernst. Wird der Akku leer, springt der Benzinmotor nicht automatisch an. Das Fahrzeug warnt den Fahrer vor dem leeren Akku und fordert ihn auf, anzuhalten und das Fahrzeug "sicher abzustellen". Nach einer Schrecksekunde die unterschiedlichen Fahrmodi in einem Untermenü (!) des Bildschirms aufrufen und auf "Smart" umschalten – erst dann springt der Benzinmotor an.

Bei den Lademöglichkeiten steht die gesamte Bandbreite zur Verfügung. Beim Schnellladen mittels des Standards CCS mit bis zu 50 kW dauert es nur eine gute halbe Stunde, bis der Akku wieder voll ist. Auch Chademo (bis 50 kW) ist optional verfügbar. Für das Aufladen einer Wallbox ist natürlich auch ein Onboard-Lader an Bord, der gegen Aufpreis auch dreiphasig ausgelegt sein kann. Damit ist dann eine Ladeleistung von 22 kW möglich.

Um die Ecke

Vollkommen verblüffend ist die Wendigkeit des London Taxi. Durch die angetriebenen Hinterräder lassen sich die Vorderräder extrem weit einlenken. Wenn man ordentlich am Lenkrad kurbelt (sehr leichtgängig), reichen 8,5 Meter Distanz von Randsteinkante zu Randsteinkante, um in einem Durchgang zu wenden.

Schlägt man die Lenkung schon im Stand ein und fährt dann los, biegt der LEVC gefühlt im rechten Winkel ab. An diese Eigenschaft muss man sich erst gewöhnen. Hat man es aber erst einmal verinnerlicht, kann man den 2,2-Tonner exakt und flott durch den dichten Stadtverkehr zirkeln.

Der LEVC eignet sich in erster Linie als Taxi, soll aber auch als Hotel-Shuttle zum Einsatz kommen. Dafür fehlt ihm aber ausreichender Stauraum für das Gepäck. Als Taxi kann er aber voll punkten – vor allem, wenn in absehbarer Zeit Fahrzeuge mit herkömmlichem Verbrennungsmotor im Taxigewerbe nicht mehr erlaubt werden sollten. Dann sind die rund 70.000 Euro für einen LEVC TX gut angelegtes Geld.

Mehr Info bei Grünzweig Automobile, Wiener Neudorf/NÖ.