Hotel California

Der Trend zur Ferienwohnung auf vier Rädern hat durch die Pandemie neuen Schwung bekommen. Wir haben's zwei Wochen lang quer durch Österreich getestet: im VW Grand California.

Papi, wir machen heuer mit einem Lastwagen Urlaub?" Die Frage meines frech grinsenden Sohnes, als er im letzten Sommer das rollende Hotelzimmer sieht, in dem wir die nächsten zwei Wochen quer durchs Land reisen würden, ist berechtigt.

Kein Wunder: Der sechs Meter lange und über drei Meter hohe VW Grand California wirkt aus der Perspektive eines Neunjährigen, dessen Kopf einstweilen noch ganz vorzüglich unter die Außenspiegel des Monstrums passt, bestimmt beeindruckend.

Auf seine Eltern, die bis dahin noch nie mit einem Campingmobil unterwegs waren, allerdings auch: Ich sorge mich angesichts der imposanten Abmessungen wegen zu niedriger Eisenbahn-Unterführungen entlang unserer Route, meine Freundin wegen des auf den ersten Blick doch recht beengten Raums.

Dennoch: Man sollte alles einmal ausprobiert haben, lautet seit jeher die Devise meiner reise­wütigen kleinen Familie…

Welcome to the Hotel California<br />
Such a lovely place<br />
Plenty of room at the Hotel California<br />
Any time of year

Eagles - Hotel California (1976)

Ersatzprogramm

Unser Problem: Die US-Westküste ist "dank" Corona derzeit eher mühsam zu bereisen.

Deshalb: Auf zur großen Österreich-Runde, die uns von Wien nach Kärnten und weiter durch Osttirol, über den Großglockner rüber nach Salzburg und mit einem Zwischenstopp in Oberösterreich wieder nach Hause in die Bundeshauptstadt führen wird.

Unser mobiles Hotel…

… mit dem schönen Namen Grand California basiert technisch auf dem nicht ganz so mondän klingenden Transporter VW Crafter und wird von einem 177 PS starken Zweiliter-Vierzylinder-Diesel angetrieben.

Der bullige Motor des Fronttrieblers leistet sich – soviel vorweg zu den grundsätzlichen Eckdaten – später selbst bei der Überquerung des Großglockners keine Schwächen und bleibt mit 11,1 Litern Testverbrauch sogar unter der Werksangabe. Das klingt schon mal gut.

Aber schauen wir uns das Ding doch genauer an…

Erste Eindrücke der Campingmobil-Neulinge

Einfach hervorragend: das fast Pkw-artige Fahrwerk. Man hat weder auf der Autobahn noch auf der Landstraße das Gefühl, in einem so großen und schweren Wohnmobil zu sitzen.

Stichwort Gewicht: Aufpassen muss man diesbezüglich aber leider schon beim Packen, denn der Grand California wäre eigentlich zwar für vier Erwachsene zugelassen, mit nur 416 Kilo Zuladung wird's aber sehr schnell eng, wenn auch noch das Gepäck mitkommen soll.

Andererseits: Eine Vollbesetzung können wir uns schon nach den ersten Kilometern ohnehin nicht auf Dauer vorstellen, da der Camper in unserem konkreten Fall – mit Mama, Papa, Kind – gefühlsmäßig schon ziemlich voll ist.

Wir werden darauf noch zurückkommen, aber jetzt gibt's erst einmal ein paar Fotos von unterwegs…

Roadtrip!

Sternenhimmel

Eines Abends in Kärnten – es ist kurz vor Mitternacht – überreiche ich Foto-Markus, meinem stets mit mir reisenden Mann für hübsche Bilder, die Schlüssel des Grand California und bitte ihn, noch ein wenig länger zu knipsen. Mama, Papa und Söhnchen sind nämlich schon zu müde und müssen ins Bett.

Und weil Markus nichts mehr hasst als Lichtverschmutzung, fährt er in dieser Nacht ganz rauf in die Berge, über die Wolkendecke, und sucht Sterne…

Kulinarisches

Auf einem Rastplatz in der Nähe von Villach kochen wir: Spaghetti Bolognese, das Gala-Dinner aller Reisenden auf Rädern.

Was wir vorfinden: einen Küchen­block mit Zwei-Flamm-Kocher und Glasabdeckung, dazu eine Abwasch und eine 70-Liter-Kühl-/Gefrier-Kombination samt genügend Stauraum für den klassischen Camping-Zweitages-Einkauf.

Wer aufwendiger kredenzen möchte, sollte allerdings bedenken, nur kleine Töpfe mitzunehmen – der Platz auf den Platten ist nämlich enden wollend. Auch auf zu große Teller sollte man verzichten, da diese nicht in die Laden der Küchenzeile passen. Wir haben kleinere Kunststoff-Teller vom schwedischen Möbelhaus verwendet – die scheppern unterwegs auch nicht.

Überhaupt, das Thema Platz. Aber sehen Sie selbst…

An Bord

Familien-Fazit, kurz und bündig

In aller Ehrlichkeit: Auch wenn ich froh bin, dass wir so etwas einmal ausprobiert haben – für uns drei wird es wohl dennoch beim Campingmobil-Erstversuch bleiben. 

Zu sehr schätzen wir – vielleicht aus lieb gewonnener Gewohnheit – entweder den Komfort eines geräumigen Selbstversorger-Apartments samt gemietetem Kleinwagen für Ausflüge in die Umgebung oder überhaupt die Reise mit dem eigenen Pkw.

Ein Wohnmobil bedeutet nämlich auch Arbeit: Frischwasser auffüllen, Abwasserbehälter entleeren, Gas-Kartuschen tauschen etc. Dazu kommt die soziale Unausweichlichkeit: Man kann einander noch so gern haben, aber nach einer Woche im Wohnmobil tauchen einfach menschliche Interferenzen auf. Und: Ich will mir gar nicht vorstellen, mit so einem Gerät in der Londoner City nach einem Parkplatz suchen zu müssen. 

Außerdem: Fast 85.000 Euro Basispreis für einen VW Grand California sind in unserem Familien-Budget leider ohnehin nicht vorgesehen.