Halb voll, halb leer

Nach einem Jahr Dauertest mit dem VW Golf GTE ziehen wir Bilanz: Bei einem Plug-in-Hybrid kommt's darauf an, was man daraus macht.

Ist das Glas nun halb voll oder halb leer? Diese philosophische Frage stellt sich auch bei den sogenannten Plug-in-Hybriden. "Hybrid" definiert der Duden wie folgt: "aus Verschiedenartigem zusammengesetzt, von zweierlei Herkunft". Das bezieht sich beim Auto auf die beiden verbauten Motoren – einerseits ein klassisches Verbrennungskraftwerk, andererseits ein Elektromotor.

Mit an Bord ist zwingenderweise auch ein kleiner Akku, aus dem der E-Motor gespeist wird. Bei einem herkömmlichen Hybrid-Fahrzeug wird dieser Akku ausschließlich durch das Ver­zögern des Autos geladen, dem sogenannten "Rekuperieren". Dabei wird also Strom produziert, statt die Brems- und Verzögerungsenergie an den Bremsscheiben sinnlos in Hitze zu verwandeln.

Bei einem Plug-in-Hybrid hingegen besitzt der ­Akku eine größere Kapazität und kann zusätzlich auch von außen – also an der Steckdose – geladen werden. Die Folge: Die rein elektrische Reichweite steigt von ein bis zwei Kilometern bei einem Normal-Hybrid auf rund 40 Kilometer bei einem Plug-in-Hybrid.

Alles unter einem Blech

Vor- & Nachteile

Konkret beim Golf: Seine Batterie hat eine Kapazität von 8,7 Kilowattstunden, die im Dauertest für eine elektrische Reichweite von 28 Kilometern im Winter und 42 Kilometer im Sommer sorgte. Wenn ein geneigter Leser, eine geschätzte Leserin ob dieser Reichweite bereits begeistert zum Händler eilen und ­ordern will, muss er oder sie sich allerdings etwas gedulden. Im Zuge der etwas chaotischen Umstellung auf den neuen Normverbrauchszyklus WLTP (es standen nicht genügend Kapazitäten auf den Prüfständen zur Verfügung) ­wurde der aktuelle Golf GTE nicht mehr neu typisiert. Erst mit dem neuen Golf gibt es wieder einen GTE. Diese achte Golf-Generation wird ab Sommer 2019 vom Band laufen.

Positiv (also: Glas halb voll) ist ein Plug-in-Hybrid, wenn er so oft wie möglich an der Steckdose, am besten mit Öko-Strom, auf­geladen wird. Dann schafft man es, bei den passenden Streckenlängen eine ganze Woche rein elektrisch und damit emissionsfrei unterwegs zu sein. Die langen Strecken am ­Wochenende brauchen keine E-Ladepausen, da mit dem Benzinmotor eine Reichweite von bis zu 600 Kilometern möglich ist.

Kritisch (also: Glas halb leer) ist ein Plug-in-­Hybrid zu sehen, wenn er nie an eine Steckdose kommt. Im vertraulichen Gespräch geben manche Plug-in-Hybrid-Besitzer zu, ihr Gefährt überhaupt nicht zu laden. Die hohe gemeinsame Leistung der beiden Motoren sowie die Außenwirkung ("Ui, der tut was für die Umwelt, der kann elektrisch fahren!") reicht manchen Käufern aus.

Das gefällt uns

Hervorragend gelungen beim Golf GTE ist die Abstimmung der beiden Antriebssysteme zueinander. Wenn die Akku­ladung ausreicht, wird prinzipiell im reinen E-Modus gestartet. Man kann aber auch ­manuell auf Hybrid-Modus schalten, dann ­ar­beiten beide Motorensysteme im Zusammenspiel. Wichtig auch der Modus "Battery Hold": Damit kann man sich die Akkuladung "aufheben", um etwa später im Stadtverkehr emis­sionsfrei fahren zu können. Die vierte Möglichkeit: "Battery Charge" – da lädt der Verbrennungsmotor den Akku beim Fahren auf. Dabei steigt der Benzinverbrauch ziemlich an, unter zehn Liter pro hundert Kilometer sind dann nicht mehr möglich. Zusätzlich gibt es noch die GTE-Taste: Die mobilisiert die höchstmögliche System-Leistung – so richtig GTI-like.

VW Golf GTE

Das stört uns

Die doppelte Technik ist teuer: Der Testwagen kostete vor einem Jahr 41.360 Euro, damit knapp 2.000 Euro mehr als ein reiner E-Golf mit rund 300 Kilometern Reichweite (die höhere Förderung für E-Autos noch nicht eingerechnet, macht noch einmal über 2.000 Euro Unterschied). Der einzige Nachteil im Praxisbetrieb ist der etwas kleinere Kofferraum – in dem noch dazu auch die Ladekabel verstaut werden müssen.

Technische Daten

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