Die große Elon-Show

Die Enthüllung des Model Y: So also schauen Fahrzeugpräsentationen bei Tesla aus.

Die Menschenschlange geht um den ganzen Häuserblock. 3203 Jack Northrop Avenue, Hawtorne, Kalifornien. Gleich nebenan: Space X und Hyperloop, zwei weitere Unternehmen des Tesla-Gründers Elon Musk.

Es ist Donnerstag, 14. März 2019, kurz vor acht Uhr abends.

Die sechs Meilen vom Hotel hierher zum Tesla Design Studio bin ich mit drei Kollegen aus Spanien, den Niederlanden und Italien gefahren. Am Vortag hatten wir gemeinsam mit acht anderen europäischen Journalisten – aus jedem Land nur einer – die Tesla Factory in Fremont bei San Francisco besichtigt, dann sind wir nach L.A. geflogen. Vor dem Hotel direkt am Flughafen hatte Tesla drei Model 3 geparkt, uns die drei Valet Parking Voucher und die Nachricht hinterlassen: See you at 8pm.

Hier sind wir nun.

Und jetzt diese gefühlt kilometerlange Schlange, bei der wir uns anstellen sollen? Der spanische Kollege meint, es sei ziemlich witzlos, zwölf Journalisten aus Europa extra hierher zu fliegen und sie dann vor dem Gebäude stehen zu lassen, während drinnen die mit Spannung erwartete Präsentation des Model Y vor sich geht. Der Italiener ergreift die Initiative und sucht einen anderen als den Haupteingang. Nach wenigen Minuten sehen wir ihn winken: Er hat den Presseeingang gefunden.

Drin brodelt es. Die leere Bühne ist rot beleuchtet. Bis es losgeht, wird die Menge auf ungefähr tausend Leute angewachsen sein. Später lese ich, es sei für Tesla-Verhältnisse eine eher kleinere Präsentation gewesen. Laute Musik, alkoholfreie Drinks und Bier, eine fröhliche, erwartungsvolle Stimmung in der Halle.

Plötzlich bricht die Musik ab, die Bühne ist hell erleuchtet – und da kommt Elon Musk. Der Schallpegel schwillt an, die Menge mag ihn sehr und lässt ihn das hören.

Es fühlt sich an wie zu Beginn eines Popkonzerts. Der Haupt-Act hat gerade die Bühne betreten. Vereinzelt sind "Elon, I love you"-Rufe zu hören. Kein Witz, ich schwöre.

Musk lacht, winkt, macht ein paar Tanzschritte. Begrüßt die Menschenmenge und beginnt wie beiläufig zu erzählen: Es habe eine Zeit gegeben, da galt es als ziemlich dumm, ein Elektroauto zu machen. Er jedoch habe daran geglaubt. Vor elf Jahren habe Tesla ein einziges Auto gebaut, diesen kleinen Roadster mit Elektromotor. Hier ist er – und der Tesla Roadster fährt neben Musk auf die Bühne. "This is my car, by the way." Die Menge tobt.

Musk ruft: "Und mittlerweile hat Tesla 550.000 Autos gebaut!" (Applaus, Johlen.) "Und am Ende dieses Jahres wird es eine Million sein!" (Noch lauteres Johlen, Pfiffe, "Yeah"-Schreie, noch mehr Applaus.)

Nacheinander lässt er Model S, Model X, Model 3 sowie die Prototypen des neuen Roadsters und des Semi-Trucks (angekündigt für 2020) auffahren. Das Publikum flippt aus, drängt zum Truck.

Geplant hatte Musk übrigens ursprünglich, seine Pkw-Modelle S, E und X zu nennen und schließlich Y folgen zu lassen. Doch Ford hatte sich den Namen Model E schon früher markenrechtlich reserviert und erhob Einspruch. So wurde aus dem Tesla Model E halt notgedrungen das Model 3. "Ford killed SEX", grinst Musk ins fröhliche Publikum.

Elon Musk spannt den Bogen weiter zur Gigafactory, die in Kooperation mit Panasonic im Norden von Nevada entsteht und die globale Produktionskapazität an Batterien mehr als verdoppeln wird. "Der gesamte weltweite Output an Lithium-Ionen-Batterien entspricht derzeit 30 Gigawattstunden pro Jahr", verkündet Musk. "Die Gigafactory wird mindestens 50 GWh produzieren." Sie sei vier- bis fünfmal so groß wie das Pentagon. Eine zweite Gigafactory bei Shanghai ist schon in Planung.

Musk geht auch kurz auf die Produktionsschwierigkeiten bei Tesla ein. "Einen Prototypen herzustellen ist leicht. Die Produktion ist superschwer. Aber mit ganzer Anstrengung haben wir es geschafft, die Produktion des Model 3 auf die Reihe zu kriegen. Andernfalls wäre es aus gewesen." Er sagt tatsächlich "otherweise we gonna die". Und dann: "It's a hard one. Thank you. Thank you!" Auch dafür erhält er Applaus.


Und jetzt: das neue Model Y

Schließlich rollt der lang erwartete neue Tesla auf die Bühne. Es sieht auf den ersten Blick unspektakulär aus, wie ein etwas höher gebautes Model 3. Doch die Menge ist glücklich. Johlen, Applaus, Pfiffe – einer schreit von hinten "I take two!" Bei einer Autopräsentation eines der etablierten Hersteller hab ich solche Reaktionen noch nie erlebt.

Tesla bezeichnet das Model Y als "mid-size SUV", noch dazu als das sicherste der Welt. Eher wirkt es wie ein Minivan à la Ford S-Max. Model Y basiert auf dem Model 3 und ist somit deutlich kleiner als das Flügeltüren-Model X, bietet trotzdem Platz für drei Sitzreihen und sieben Insassen.

Es wird zu Beginn drei Versionen geben: Long Range (Reichweite 540 km, 5,8 s von 0 auf 100 km/h, Spitze 209 km/h, € 56.980,–),  Dual Motor AWD (505 km, 5,1 s, 217 km/h, € 60.980,–) und Performance (480 km, 3,7 s, 241 km/h, € 68.980,–). Elon Musk kündigt die Auslieferung (in den USA) ab Herbst 2020 an, laut Tesla-Website dürfte die Produktion aber erst 2021 starten.