Dauertest-Ende Toyota Camry

Große Limousine. Mit Hybridantrieb. Aus Asien. Toyota Camry. 218 PS Systemleistung. Japanische Provenienz. Unser Fazit nach 30.000 Kilometern.

Wir reden erst gar nicht lang um den heißen Brei herum: Limousinen sind in Österreich selten ein Must-have. Noch seltener, wenn sie mit einem Hybridantrieb ausgestattet und/oder von ­einem nicht-europäischen Hersteller stammen. Ist so. Trotzdem haben wir einen Toyota Camry in unseren Dauertest-Fuhrpark aufgenommen. Unser steter Blick über den Tellerrand war der eine Grund. Dass sich der Camry in anderen Ländern blendend verkauft, ein weiterer. Dritter Grund: ein (zumindest auf dem Papier) Top-Preis-Leistungs-Verhältnis angesichts von Ausstattung (opulent), Platzangebot (üppig) und Antrieb (modern).

Gut 30.000 Kilometer weit sind wir mit dem Camry im vergangenen Jahr gefahren. Womit er uns in dieser Zeit überzeugt hat, und womit weniger, darüber berichten wir nun – zunächst per dreiminütigen Video, danach Schwarz auf Weiß (aufzuwendende Lese- und Bildbetrachtungzeit: rund 10 Minuten).

Video: Ein Jahr Toyota Camry, unser Fazit

Aus ihm steigt man entspannter aus als man eingestiegen ist.

Helmut Eckler, Redakteur

Die positiven Aspekte des Camry

Ausnahmslos jeder Ersteintrag eines Redakteurs im Fahrtenbuch beinhaltet Lob für die Platzverhältnisse, speziell die großzügige vorhandene Kniefreiheit für hinten Sitzende.

Davon abgesehen punktet die beinahe 4,9 Meter lange Limousine vor allem mit zweierlei Dingen – dem Fahrkomfort und dem Verbrauch. Dazu lässt sich sagen, dass die Tech­niker bei der Fahrwerksabstimmung einen wirklich guten Mittelweg zwischen komfortabel und straff gewählt haben. Das macht den Camry zu einem sehr angenehmen Begleiter.

Und was den Verbrauch betrifft: Für die gesamte Testdistanz von rund 30.000 Kilometern ermittelten wir einen Durchschnitt von nur 6,2 Litern Superbenzin pro einhundert Kilometer. Angesichts einer Systemleistung von beinahe 220 PS sowie einem Fahrzeuggewicht von rund 1,6 Tonnen ist das ein absolut herzeigbarer Wert.

Dass das Zusammenspiel von Elektro- und Verbrenner-Einheit relativ unauffällig und meist sehr geräuscharm vonstattengeht, war ebenso häufiges Thema positiver Einträge im Fahrtenbuch. Dazu muss man wissen: Ältere Hybridantriebe von Toyota kombinierten kleinvolumigere Benziner mit Elektro­motoren und einem stufenlosen Getriebe. Wer dann per Kickdown spontan viel Leistung vom System verlangte, wurde mit lautem Geheul (weil hohe Drehzahl), aber nur mäßigem Vortrieb beliefert. Im Camry hin­gegen ist es anders: Hier arbeitet ein groß­volumigerer Benziner mit (Hubraum knapp 2,5 Liter). Dieser Motor hat mehr Kraft und Drehmoment schon bei niedrigen Drehzahlen, heult deswegen bei spontaner Leistungsanforderung auch nicht so laut auf.

Auch eine Hervorhebung wert: das sehr faire Preis-Leistungs-Verhältnis. Aktuell gibt es den Camry ausschließlich mit dem beschriebenen Hybridantrieb und in nur zwei Ausstattungsvarianten – Business (für 39.790 Euro) und Lounge (für 42.390 Euro); über Letztere verfügte unser Dauertestwagen. Sie kann als komplett bezeichnet werden, ist doch von Ledersitzen mit Sitzheizung, über diverse Assistenzsysteme bis hin zur klangvollen Audioanlage bereits alles serienmäßig an Bord, das für Sicherheit und Komfort sorgt.

Die vielleicht schönsten Komplimente ­kamen aber von jenen Kollegen, die oft und weit mit dem Camry unterwegs waren. Wir fassen zusammen: Er treibt nicht, er lärmt nicht, er stört nicht mit unnötigem Firlefanz oder unübersichtlicher Bedienung. Ein ­O-Ton zum Abschluss: "Aus ihm steigt man entspannter aus als man eingestiegen ist."

Manches wirkt altmodisch, aber nicht unsympathisch. Alles in allem ein sehr angenehmes Alltags- und Reiseauto.

Peter Pisecker, Chefredakteur

Die negativen Aspekte des Camry

Klar, die gibt es, trotz des vielen Lobes. Aber: Einiges davon fällt unter die Rubrik "Meckern auf ­hohem Niveau". Angefangen bei der träge agierenden automatischen Fernlicht-Regulierung und zu Ende gehend beim kaum vorhandenen haptischen Feedback der diversen Tasten und Drehregler (dabei gibt’s zuhauf Beispiele am Markt, die über einen guten Druckpunkt oder eine klar fühlbare Rasterung verfügen). In Erinnerung wird uns ­außerdem die leicht polternde Hinterachse bleiben, die sich allerdings nur bei ruppigem Untergrund bemerkbar machte.

Als zu defensiv eingestellt (bremst zu früh und zu lang) wurde die Abstands-Regelanlage moniert, außerdem sorgte die per Tastendruck nur in 5-km/h-Schritten veränderbare Einstellung des Tempomaten für Verwunderung. Anderswo geht’s auch in Einser-Schritten.

Was uns tatsächlich ein bisserl gewurmt hat, war die fehlende Konnektivität im Hinblick auf Android Auto bzw. Apple Carplay. Die serienmäßige Sprachsteuerung bot keinen adäquaten Ersatz. Wer es gern modern hat, wird vermutlich auch angesichts der altmodischen Anzeigen die Augen verdrehen. Funktionell nachteilig ist diese Form der Darstellung allerdings nicht, ganz im Gegenteil.

Eine kleine Randnotiz am Ende: Im Laufe des Frühjahrs kommt die Facelift-Variante des Camry auf den Markt. Die von uns kritisierten Schwächen in Bezug auf Assistenz- und Multimedia-System sollten laut Vorab-Info dann der Vergangenheit angehören.

Drinnen und draußen, mit Abstand und nah dran – der Camry in weiteren Bildern.

Abschluss-Check

Abschluss-Untersuchung des Toyota Camry nach rund 30.000 Kilometern im Stützpunkt Wien-Erdberg. Techniker Alexander Czub stellt erstaunt fest: "Die Bremsen sehen fast wie neu aus, der sichtbare Verschleiß ist deutlich geringer, als es die Kilometer-Leistung vermuten lassen würde." Davon abgesehen: keine besonderen Vorkommnisse.

Technische Daten