Das Blech der frühen Jahre

Oldtimer, Youngtimer, Klassiker: Was ist dran an der Liebe zu alten Autos? Welche sind zur Zeit gefragt? Und was sollte man beachten, wenn man sich einen Klassiker zulegen will? Hier sind die Antworten der Experten.

Früher, ja früher, da war die Autowelt noch heil. Da zeigte man mit dem Besitz eines Autos, dass man es geschafft hat, dass man dazugehörte. Man glaubte an den Segen der Massenmotorisierung und die Firmen, die die Autos bauten, galten als innovative Unternehmen ersten Ranges.

Die Fahrzeuge selbst waren verlässliche Indikatoren für den Fortschritt: Jahr für Jahr wurden sie größer, stärker, schneller, schöner. Emotional aufgeladen waren sie als Vermittler persönlicher Freiheit ja schon immer. Für viele Menschen war genau das die gute alte Autozeit, der sie heute nachtrauern. Und sie wollen sie ein Stück nacherleben: in einem Fahrzeug von damals.

Autos mit Vergangenheit – sei es mit einer langen als Oldtimer oder mit einer näher zurückliegenden als Youngtimer – sind ziemlich gefragt. Das Interesse an ihnen, ganz gleich ob als Besitzer, Fahrer oder Fan, ist heute so groß, dass es eine Fülle an Veranstaltungen gibt, die es befriedigen, von Rallyes und Wertungsfahrten bis hin zu Fachmessen wie der jährlich im Herbst stattfindenden Classic Expo in Salzburg. Wir haben uns heuer dort in der Szene umgesehen. Das erste, was uns dabei aufgefallen ist: Nicht alle Autos glänzen auch wirklich.

Bis vor ein paar Jahren war alles klar: Je gepflegter ein Oldtimer ist, desto mehr Interesse zieht er an, ob auf Rallyes wie der Ennstal Classic oder auf Ausstellungen wie dieser hier in Salzburg. Und desto wertvoller wird er gehandelt. Teilweise schien der Zustand nach einer Restaurierung besser zu sein als bei der Auslieferung.

Und jetzt sieht man auf der bedeutendsten Klassiker-Messe des Landes Autos mit mattem Lack, mit nicht ausgebesserten Roststellen und abgewetzten Sitzen? Positiv formuliert: mit Patina? Wie das?

Schlendern wir weiter durch die Hallen und versuchen wir, uns einen chronologischen Überblick zu verschaffen. Blenden wir die wirklich alten Oldtimer, also jene Autos, die vor dem 2. Weltkrieg oder sogar vor dem ersten entstanden, einmal aus. Experten sagen ja, am gefragtesten sind gerade jene Modelle, die die Menschen an die eigene Kindheit oder Jugend erinnern. Also die Autos, von denen sie einst träumten. Und die sie sich erst jetzt leisten können. 

Die Generation, die nach 1945 ihre Kindheit erlebte, sich nun also im reiferen Alter befindet, goutiert vor allem die Klassiker der 1950er-Jahre. Eine Zeit, in der sich die Wirtschaft langsam, aber stetig zu erholen begann. Die Menschen wollten wieder mobil sein. Einige konnten bald wieder vom Fahrrad über ein Motorrad auf ein richtiges Auto um- und damit aufsteigen. Ein richtiges Auto? Naja. Aber die, die sich so ein Gefährt leisten konnten, fühlten sich damit glücklich. 

Mit diesen Autos ging es wieder aufwärts

Hobby oder Wertanlage?

Die wirklichen Traumautos dieser Epoche sind heute für die allermeisten Menschen unerschwinglich. Es heißt aber, dass der große Boom der letzten Jahre mit seinen explosionsartig steigenden Preisen vorbei sei. Was ist jetzt wirklich Sache? Lohnt es sich für Einsteiger, jetzt zuzuschlagen und seinen Traum auf vier Rädern zu erwerben? Fragen wir dazu doch einen auf Old- und Youngtimer spezialisierten Händler. Vielleicht hat er ja einige Tipps parat.

"Jedem das Seine", meint also der Dealer für den Stoff der Träume für Klassiker-Fans. Ziemlich gefragt sind zur Zeit jene Modelle, die die Straßen bevölkerten, als die Generation der Baby Boomer laufen lernte – die Autos aus den 1960er-Jahren. Das Angebot war damals so vielfältig wie in kaum einem anderen Jahrzehnt zuvor oder danach. Vom Spuckerl bis zum Luxusschlitten, die Zeit war vor allem von Fortschritt geprägt. Und die Kinder von damals rücken heute ins Pensionsalter vor – wenn sie nicht schon ohnehin ihren Ruhestand genießen. Viele legen einen Teil ihrer Abfertigung in einem Oldie an.

The Roaring Sixties

Der Bulli-Boom

Interessant ist aber auch, dass sich weit jüngere Leute, die die Fünfziger- und Sechzigerjahre nur aus den Erzählungen ihrer Eltern und Großeltern kennen, für einige wenige ganz bestimmte Autos dieser Epoche interessieren. Eines der Modelle, die da gerade einen absoluten Hype erleben, ist der T1 von Volkswagen vulgo VW-Bus vulgo Bulli. Es gibt Menschen, die Firmen aufgebaut haben, die vom Interesse an Fahrzeugen wie dem Bulli leben. Einer davon ist aus dem bayrischen Regensburg angereist.

Sind Klassiker für den ÖAMTC ein Thema?

Ja, klar. Abgesehen davon, dass der Club selbst viel älter ist als praktisch alle Fahrzeuge auf der Klassiker-Messe und gerade ältere Fahrzeuge öfter Pannenhilfe benötigen (und bekommen): Es gibt sogar eine eigene Oldtimer-Abteilung beim ÖAMTC. Georg Brown leitet sie, der war natürlich auch in den Salzburger Messehallen unterwegs und wir wollten von ihm wissen, was er und sein Team jenen Clubmitgliedern, die einen Oldie ihr Eigen nennen, bieten können. 

Autos aus den 1970ern sind also eindeutig Oldtimer. Und auch sie sind sehr gefragt. Das Jahrzehnt war aber nicht nur durch ungehemmten Fortschrittsglauben geprägt. Es gab auch einen Rückschlag, und zwar 1973. Da kam es zu einer Versorgungskrise, der Sprit musste rationiert werden, und in Österreich wurde der autofreie Tag eingeführt: Jeder Autobesitzer musste einen Wochentag wählen, an dem er auf sein Gefährt verzichtet, und ein Pickerl, das diesen Tag anzeigte, auf die Scheibe kleben. Außer man galt als unabkömmlich: Da durfte man an Stelle von MO, DI, MI, etc. mit einem "S" an der Scheibe herumfahren – und sich wichtig fühlen. Als die Krise vorbei war, war auf einmal etwas da, was es vorher nicht gab: Tempolimits auf Landstraßen und Autobahnen. Dennoch: die Siebziger waren bunte Jahre, die nicht nur Hot Pants mit sich brachten, sondern auch tolle Autos. 

Die sexy Siebziger

Die Gelben Engel fuhren in Gelb

Zu Beginn der Siebziger war die ÖAMTC-Pannenhilfe schon voll etabliert, die Autos, mit denen die Kollegen (Kolleginnen in diesem Beruf gab es damals noch keine) unterwegs waren, waren in erster Linie der Puch 500 und der VW Sparkäfer. Den Puch gab es schon mehr als zehn Jahre lang als Einsatzfahrzeug, ursprünglich nicht in gelb, sondern in hellblau. Einer, der schon lange aktiv im Pannendienst dabei ist, ist Harald Angerer.

Als wir ihn wir zu den Anfängen der Gelben Engel befragten, hörten wir manch Überraschendes. 

Weil gerade vom Pannen-Puch des ÖAMTC die Rede war: Das Auto war die österreichische Version des Fiat 500. Zu Anfang kam (aus Kostengründen) nur die Karosserie aus Italien, alles andere entstand bei Puch in Graz. Später, ab 1969, wurden die meisten Teile importiert, nur der Motor kam aus der eigenen Fertigung. 

Österreich besaß vor dem 2. Weltkrieg übrigens eine nennenswerte Autoindustrie, die viele Fahrzeuge entwickelte und produzierte. Auch heute ist das wieder so. Bloß dass die Auftraggeber für den Fahrzeugbau internationale Konzerne sind – heimische Marken sind längst Geschichte. Blättern wir doch einmal kurz durch Österreichs Auto-Geschichtsbuch. "Made in Austria" von einst war auch ein Thema auf der Classic Expo.

Unser Rundgang durch die Classic Expo 2019 ist vorbei. Aber auch im nächsten Jahr wird es wieder eine geben, und zwar von 16.–22. Oktober 2020.