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Heute geht's mir wieder gut

Im Herbst 2016 beendete ein schwerer Herzinfarkt beinahe das Leben von Ilse Bittermann. Das es bei "beinahe" geblieben ist, verdankt sie auch der C10-Crew - aber nicht nur …

Sie holt Kletterer aus der Wand, landet mitten in der Stadt und fliegt Personen mit schweren gesundheitlichen Problemen ins Spital: Die Crew des Notarzthelikopters Christophorus 10 arbeitet täglich, um Menschen zu retten.

Acht Mal in 75 Minuten wiederbelebt

„Manche Einsätze bleiben einem wahrscheinlich für immer in Erinnerung“, sagt Pilot Wolfgang Hießböck, Stützpunktleiter in Linz. Am 25. Oktober 2016 war so ein Einsatz, den der 47-jährige Leondinger nicht so schnell vergisst. Christophorus 10 wurde zu einem Einsatz nach Steyr gerufen. „Es war schwierig, weil wir im dicht verbauten Gebiet auf einer Wiesenfläche landen mussten.“ Die Flugzeit von Linz nach Steyr betrug zehn Minuten. Dort wurden der Arzt und der Flugretter schon von der Polizei erwartet und zu Ilse Bittermann gebracht, die einen schweren Herzinfarkt erlitten hatte und reanimiert werden musste.

Infarkt.

Die heute 47-jährige Frau, jung, schlank, sportlich, gehörte keiner Risikogruppe an. Der Infarkt hatte sich ein paar Tage zuvor mit Schmerzen in der linken Hand, die sich bis in die Schulter zogen, angekündigt. Die Symptome wurden aber nicht richtig gedeutet. Als sie vor Schmerzen zusammenbrach, war zufällig ein Mediziner anwesend, der die Rettungskette in Gang setzte. In 75 Minuten wurde Ilse Bittermann insgesamt acht Mal wiederbelebt.

Wettlauf.

„Ich weiß noch, dass die Situation besonders kritisch war. Ich hab beim Hubschrauber gewartet und aufgrund des einfallenden Nebels schon befürchtet, nicht mehr starten zu können“, erzählt Wolfgang Hießböck. Immer wieder hieß es, die Frau habe erneut einen Herz-Kreislauf-Stillstand. Als die Rettung die schwer kranke Patientin endlich brachte, hob die Crew Richtung Ordensklinikum Elisabethinen in Linz ab. „Sogar im Hubschrauber musste sie nochmals reanimiert werden.“

Koma.

Doch auch im Klinikum hing ihr Leben noch lange am sprichwörtlich seidenen Faden. „Mein Zustand war so kritisch, dass man einen Pfarrer geholt hat, der eine Krankensalbung durchgeführt hat“, erzählt sie im Gespräch. Die Mediziner versuchten mehrmals, sie aus dem künstlichen Koma zurückzuholen. „Aufgrund von schweren Krämpfen ist das aber nicht gelungen.“ Am zehnten Tag jedoch kam die Wende. „Dann ging es so schnell bergauf, dass ich auf die Normalstation verlegt werden konnte.“

Neubeginn.

Der Weg zurück ins „normale“ Leben war jedoch weitaus mühsamer als gedacht. Alles ging sehr langsam voran. „Das lange Koma hatte mich sehr geschwächt. Jedes einzelne Telefonat, jedes SMS waren Schwerstarbeit“, erinnert sich die Frau, die 20 Jahre lang eine Bautischlerei geführt hat und seit einigen Jahren eine eigene Praxis für Bewusstseinsbildung betreibt.

Wiedersehen.

Ilse Bittermann ÖAMTC

Ilse Bittermann

Nach einem Herzinfarkt musste Ilse Bittermann innerhalb von 75 Minuten acht Mal wiederbelebt werden. Ihre Rettung verdankt sie auch Wolfgang Hießböck und seiner Crew ...

C10 - Wolfgang Hießböck ÖAMTC

Wolfgang Hießböck

Das lange Warten auf die Patientin am Einsatzort war schon extrem. Ich habe die ganze Zeit das Wetter beobachtet und gehofft, dass wir noch rechtzeitig wegkommen.
Wolfgang Hießböck, Stützpunktleiter Christophorus 10

Groß war daher auch die Freude bei Wolfgang Hießböck, als ihn Ilse Bittermann nach einigen Monaten kontaktierte und sich bei ihm bedankte. Da die 47-Jährige von den Tagen und Wochen vorher aufgrund einer Amnesie nichts mehr wusste, hat sie alle Menschen besucht, die an ihrer Rettung beteiligt waren. „Das waren immerhin 13 Personen: der benachbarte Orthopäde, seine Sprechstundenhilfe, der Notarzt, der Hubschrauberpilot, der Flugretter, die Ärzte im Ordensklinikum, die Polizisten. Ohne ihre Hilfe wäre ich jetzt nicht mehr am Leben. Die Rettungskette hat ganz einfach perfekt funktioniert. Ich bin meinen Rettern ewig dankbar“, sagt Ilse Bittermann.

Bewusst.

Heute geht es ihr wieder gut. Seit Kurzem arbeitet sie auch wieder, aber nicht mehr so viel wie vorher. „Die Verpflichtungen des Lebens hab ich jetzt nach hinten verschoben, zugunsten meiner Gesundheit, meines Herzens und der Liebe zu mir selbst.“

Text von Barbara Rohrhofer / Oberösterreichische Nachrichten