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ÖAMTC warnt vor blindem Vertrauen im Straßenverkehr – Gefahr für Auffahrunfälle

Unsicherheit hinter dem Steuer und schlechte Sicht – nicht bei Vordermann "anhängen"  

Knapp 20 Prozent der Unfälle mit Personenschaden auf Autobahnen und Schnellstraßen passierten 2018, weil der nötige Sicherheitsabstand nicht eingehalten wurde. Im Vorjahr ereigneten sich zudem österreichweit 35 Unfälle mit Personenschaden mit mehr als fünf Beteiligten (Quelle: Statistik Austria, Bearbeitung: ÖAMTC-Unfallforschung). Abgesehen vom menschlichen Leid, sorgen Massenkarambolagen für lang andauernde Straßensperren und massive Aufwände im Bereich der Fahrbahnwiederherstellung. Ein erhöhtes Risiko für Auffahrunfälle besteht vor allem dann, wenn sich Fahrzeuglenker an den Vordermann "anhängen" und damit Stress für beide Fahrer ausgelöst wird.

"Um komplexe Situationen im Verkehrsumfeld zu meistern, kann es vorkommen, dass Kfz-Lenker zu sehr auf die Fähigkeiten anderer Verkehrsteilnehmer vertrauen und sich einer Gruppe oder einem Leitfahrer anschließen, der es vermeintlich besser kann", erklärt die ÖAMTC Verkehrspsychologin Marion Seidenberger. Leider kann „blindes Vertrauen“ zu gefährlichen Unfällen führen. Um eine Art Schutz, Leithilfe oder Risikominimierung zu erhalten, fahren viele Verkehrsteilnehmer zu eng an vorausfahrende Fahrzeuge auf. Dieser Effekt tritt aktuell im Herbst und entsprechend schwierigen Wetterverhältnissen und eingeschränkter Sicht wieder besonders häufig auf. Aber auch bei Dunkelheit, baustellenbedingter Spurführung, neuen Bodenmarkierungen oder veränderten Beschilderungen ist das Verhalten häufig zu beobachten. Die Gründe für das Verhalten können vielfältig sein: "Unsicherheit – von außen und innen – spielt dabei eine große Rolle. Diese entsteht etwa durch mangelnde Fahrpraxis, Fahrten in ungewohnter Umgebung oder aus Stress und Anspannung, eine Passage alleine nicht so gut bewältigen zu können. Aber auch Ärger und Absicht können eine Rolle spielen, wenn Fahrzeuglenker zu nah auffahren", sagt Seidenberger.

Verantwortung hinter dem Steuer behalten und vorausschauend fahren

"Jeder Autofahrer, der die Verantwortung ein Stück weit dem Vordermann überträgt, fährt nach dem Motto 'mitgehangen, mitgefangen' – leider gilt dies auch im Falle eines Unfalles", mahnt die Verkehrspsychologin. Die Lust am Wettbewerb und wirtschaftliche wie psychologische Gründe können Kfz-Lenker ebenso dazu verleiten, anderen Verkehrsteilnehmern gefährlich nah zu kommen. Etwa indem versucht wird, einer "Blitzerstrafe" zu entkommen, Sprit sparen zu wollen durch "Windschattenfahren", oder sich bei schlechter Sicht weniger anstrengen zu müssen und sich "mitziehen" lassen. Rasch kann es zu einer kurzfristigen Gruppenbildung im Straßenverkehr kommen, und diese definiert in vielen Fällen das Tempo und den meist zu geringen Abstand der Fahrzeuge. In solchen Konstellationen sind Auffahrunfälle, vor allem im hochrangigen Straßennetz, keine Seltenheit.

"Gerade junge Lenker haben ein stärkeres Bedürfnis, in der Gruppe akzeptiert zu werden. Daher ist es besonders für Fahranfänger wichtig, sich nicht zu sehr von einer Gruppe – egal ob es sich um Mitfahrer im Wagen oder Vorausfahrende handelt – verleiten zu lassen", rät die ÖAMTC-Expertin und fügt hinzu:

"Sobald man sich hinter dem Steuer unbehaglich fühlt, sollte man das eigene Fahrverhalten kritisch hinterfragen."