ÖAMTC: Schulweg mit Kindern im Herbst unter Echtzeit-Bedingungen üben
Jährlicher Anstieg der Schulwegunfälle im Oktober – Prävention umso wichtiger: Mögliche "Stör-Szenarien" und Lösungsvorschläge besprechen
Seit dem Schulbeginn sind nun wieder viele Kinder zu Fuß im Straßenverkehr unterwegs. Jüngere absolvieren den Schulweg nach einer Übungs- oder Eingewöhnungsphase oft schon alleine oder zusammen mit älteren Schüler:innen. "Essenziell ist, dass Schulkinder den sichersten Weg in ihre Schule gut kennen, die wichtigsten Verkehrsregeln beherrschen und auch auf mögliche 'Störungen' vorbereitet sind", erklärt ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger. Und trotz bester Sommer-Vorbereitung muss das Gelernte im Herbst verfestigt werden. "Im Sommer ist weniger Verkehr, kein Zeitdruck, keine anderen Kinder, keine Nervosität vor der neuen Schule – die Übungs-Bedingungen waren also ganz anders. Deswegen brauchen Kinder auch mit Schulbeginn weiterhin Unterstützung, Übung und Feedback", so Seidenberger.
Unfallstatistik zeigt jährlichen Anstieg der Schulwegunfälle im Oktober
Aufgrund der allgemeinen Sensibilisierung, vieler Vorsichtsappelle und demnach erhöhter Aufmerksamkeit läuft der Beginn des Schuljahres im Straßenverkehr zumeist relativ sicher ab. Auch das Üben des Schulwegs gemeinsam mit den Eltern ist den Kindern im September meist noch präsenter als ein paar Wochen nach Schulanfang: "Das spiegelt sich auch in der Unfallstatistik wider: Leider gibt es nahezu jedes Jahr im Oktober einen Anstieg bei den Schulwegunfällen", betont die ÖAMTC-Verkehrspsychologin. Wirft man einen Blick auf die Jahre 2018 bis 2024 passieren durchschnittlich über 14 Prozent der jährlichen Schulwegunfälle mit Personenschaden Oktober. Das sind knapp drei Prozent mehr Unfälle als im September und fast vier Prozent mehr als im November. Seidenberger nennt auch weitere Gründe dafür, warum die Unfallstatistik Jahr für Jahr ausgerechnet im Oktober ansteigt: "Hektik und Verkehrsaufkommen nehmen meist zu, das Tageslicht wird langsam weniger und die Sichtverhältnisse schlechter als zum Schulstart. Auch die Fehleinschätzungen im Straßenverkehr steigen wieder an. Umso wichtiger ist es daher, den sicheren Schulweg mit den Kindern auch im Herbst wieder zu üben bzw. aufzufrischen, die Regeln zur Verkehrssicherheit regelmäßig zu thematisieren und mögliche neue Gefahrenquellen genau zu besprechen."
All das lässt sich am Schulweg genauso wie auf Alltagswegen, z. B. beim Einkaufen oder bei einem Ausflug, sehr gut auffrischen und trainieren: "Wie und wo man eine Straße möglichst sicher überquert, was Ampelzeichen und ein Zebrastreifen bedeuten, wie der Pendelblick funktioniert – also links-rechts-links schauen – und dass man prüft, ob die Räder eines Fahrzeugs stillstehen, bevor man eine Straße überquert: Das sollten Schulkinder aus dem Effeff beherrschen. Wichtig ist, dass man Verkehrsregeln geduldig erklärt und regelmäßig wiederholt", weiß die ÖAMTC-Expertin.
Im Sinne eines sicheren Miteinanders sind jedenfalls alle Verkehrsteilnehmer:innen gefordert, im Umfeld von Schulen ganz besonders aufmerksam und vorausschauend unterwegs zu sein. Und das nicht nur in den ersten Schulwochen, sondern auch in den darauffolgenden Wochen und Monaten. Denn Fehler passieren häufig genau dann, wenn man sich besonders sicher fühlt – oder wenn Unvorhergesehenes passiert. "Um Kinder auf unvorhergesehene Situationen vorzubereiten, ist es unerlässlich, Eventualitäten und nötige Verhaltenshinweise mit ihnen zu besprechen. So können im Notfall Hilflosigkeit oder Hektik vermieden werden", so die Verkehrspsychologin des Mobilitätsclubs.
Konkrete Szenarien plus Lösungsvorschläge besprechen und üben
"Am besten übt man konkrete Szenarien, die am Schulweg passieren können: So versetzt man das Kind gedanklich in verschiedene, mögliche Situationen und kann Lösungsvorschläge unterbreiten bzw. Antworten korrigieren", sagt die ÖAMTC-Expertin. Wichtig dabei ist, das Kind nicht zu überfordern. Pro Schulweg-Übungseinheit sollten maximal zwei unterschiedliche Szenarien besprochen werden.
Weiters hält die ÖAMTC-Verkehrspsychologin fest, was für den sicheren Schulweg im Herbst besonders wichtig ist:
* Sichtbarkeit bei Schlechtwetter und Dunkelheit: Wenn es regnet oder noch dunkel ist, sind Kinder mit reflektierenden Aufnähern oder Aufklebern an Kleidung und Schultasche deutlich besser sichtbar. Helle Kleidung allein ist zu wenig. Zudem muss man Kindern bewusst machen, dass sie nicht automatisch von anderen Verkehrsteilnehmer:innen gesehen werden.
* Keine Ablenkung – Handy in die Schultasche: Wer im Straßenverkehr unterwegs ist, sollte voll konzentriert sein. "Für den Schulweg heißt das: keine Ablenkung! Das Handy, wenn überhaupt eines mitgenommen wird, ist in der Schultasche. Genau wie Spielsachen, Bücher etc.", betont Seidenberger.
* Bei Verspätung keine Hektik: Die meisten Schulwegunfälle passieren zwischen 7 und 8 Uhr. "Besonders in der Früh ist es wichtig, nicht hektisch zu werden. Rechtzeitiges Aufstehen, stressfreies Fertigmachen sowie aufmerksam und konzentriert sein beim Verlassen der Wohnung. Kommt es zu einer Verzögerung, dann lieber einige Minuten später, aber dafür sicher ankommen", so Seidenberger.
* Alternative Wege bei Baustellen: Eltern sollten regelmäßig nachfragen, ob es Änderungen am Schulweg gibt und sich bei Bedarf um sichere Streckenalternativen kümmern – dabei sind Kreuzungen mit Ampel und Zebrastreifen zu bevorzugen. Der neue Weg sollte mit dem Kind dann einige Male trainiert werden.
* Hindernis versperrt Sicht: Versperrt ein Hindernis wie ein Lkw die Sicht auf die Kreuzung, sollte man am besten kurz abwarten, ob er wegfährt und die Sicht zum Queren wieder frei wird. Sonst ist es besser, eine andere, gut einsehbare Stelle zum sicheren Überqueren zu suchen. Dort dann stoppen, in beide Richtungen schauen, Zeit lassen, um gesehen zu werden – und nur dann queren, wenn frei ist. Niemals zwischen parkenden Autos hervorlaufen und plötzlich die Fahrbahn queren.
Weitere Tipps für einen sicheren Schulweg gibt es online unter www.oeamtc.at/schulweg