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Nutzen und Risiken von künstlicher Intelligenz in der Mobilität

Chris Boos: "Künstliche Intelligenz ist unausweichlich!"

Der ÖAMTC vergibt heute, 16. März 2018, den Marcus. Zum sechsten Mal werden die wirtschaftlichsten, sichersten und innovativsten Neuheiten ausgezeichnet, die 2017 auf den österreichischen Markt gekommen sind. Keynote-Speaker ist Chris Boos – seines Zeichens Gründer und CEO der arago GmbH und Experte für künstliche Intelligenz (KI). In einem Hintergrundgespräch beleuchtete Boos gemeinsam mit ÖAMTC-Direktor Oliver Schmerold die Bedeutung und Auswirkungen für Konsumenten, wenn intelligente Systeme Menschen unterstützen.

"Die Technologie, um fast alle Geschäftsprozesse durch KI autonom ablaufen zu lassen, existiert bereits. Sie wird in den nächsten zwei bis drei Jahren weitestgehend ausgerollt werden", sagte Chris Boos. Der arago-Gründer ist sich demnach sicher, dass künstliche Intelligenz unausweichlich ist. Eine ähnliche Position vertritt der KI-Pionier auch im Bezug auf autonomes Fahren: "Ich finde die Diskussion um die Unfälle von autonomen Fahrzeugen etwas eigentümlich. Die Forschung setzt sich immer das Ziel, autonome Fahrzeuge zu entwickeln, die nie einen Unfall verursachen. Aber wenn autonome Fahrzeuge auch nur zehn Prozent besser wären als Menschen, wäre das doch schon ein Erfolg."

Die Entwicklung in Sachen KI birgt die größte gesellschaftliche Chance, da mit ihr eine Neuordnung der Wertschöpfungsbeiträge einhergeht. "Zum Beispiel werden Serviceleistungen von Mensch zu Mensch – die in der letzten Phase der Industrialisierung aufgrund ihrer Kosten massiv abgebaut wurden – wieder als Alleinstellungsmerkmal eine zentrale Rolle erhalten", sagte Boos. "Auch werden von Kreativität, Leidenschaft und Überzeugung getriebene Profile wieder in den Vordergrund treten."

Oliver Schmerold: "Die Akzeptanz für intelligente Systeme ist da"

"Grundsätzlich stehen wir der Entwicklung hin zu intelligenten Autos mit immer leistungsfähigeren Assistenten positiv gegenüber", erklärte ÖAMTC-Direktor Oliver Schmerold. "Dass beispielsweise automatische Notbremsassistenten bereits jetzt die Verkehrssicherheit erhöhen, zeigen unsere Tests immer wieder." Der ÖAMTC setzt sich daher u. a. im europäischen Crashtest-Programm EuroNCAP dafür ein, dass die serienmäßige Ausstattung mit funktionierenden Fahrerassistenzsystemen für ein gutes Rating verpflichtend wird.

Die prinzipielle Akzeptanz und das Interesse der Konsumenten sind jedenfalls da. So gaben 2017 in einer McKinsey-Umfrage unter 3.000 Verbrauchern in den USA, Deutschland und China 75 Prozent der Befragten an, KI-Anwendungen, die den Komfort erhöhen, positiv gegenüber zu stehen. 65 Prozent würden sogar die Automarke wechseln, wenn Fahrzeuge eines anderen Herstellers besser automatisierte Fahrunktionen böten. Besonders jungen Verbrauchern sowie Bewohnern von Großstädten sind derartige Funktionen demnach sehr wichtig.

Man dürfe, so Schmerold, aber auch nicht vergessen, dass viele Autofahrer den Führerschein mit Fahrzeugen gemacht haben, die mit den neuesten Modellen bis auf die vier Räder nicht mehr viel gemeinsam haben. Neue Assistenzsysteme kommen immer schneller auf den Markt und greifen immer tiefer in die Steuerung des Fahrzeuges ein. "Damit kann nicht jeder Lenker sofort umgehen. Unsere Aufgabe ist es daher auch, die Autofahrer zu informieren und im Umgang mit den neuen Systemen zu unterstützen. Das passiert z.B. in den ÖAMTC Fahrtechnik Zentren, wo der Umgang mit Notbrems- und Spurhalteassistenten, Verkehrszeichenerkennung, Totwinkel-Assistenten & Co. in sicherer Umgebung geübt werden kann", sagte Schmerold.

Viele Fragen auf dem Weg zum selbständig fahrenden Auto offen

Im Hinblick auf künstliche Intelligenz ist das Thema autonomes Fahren in aller Munde. "Wenn man an ein tatsächlich vollkommen selbständig fahrendes Auto denkt, sind wir aber noch lange nicht so weit", stellte der ÖAMTC-Direktor klar. "Aus derzeitiger Sicht wesentlich realistischer ist das hochautomatisierte Fahren. In bestimmten Verkehrssituationen oder Bereichen wäre auch teilautomatisiertes Fahren denkbar." Die technischen Fragen dazu sind allerdings umfangreich, ebenso die rechtlichen Problemstellungen. In die Entwicklung von Lösungen sind die Technik- und Rechtsexperten des ÖAMTC direkt eingebunden – u.a. im "ExpertInnenrat Automatisiertes Fahren", der das Verkehrsministerium berät.

"My Car My Data" – Konsument muss Wahlfreiheit haben

Potenzielle Nutzungsmöglichkeiten für gesammelte Daten sind vielfältig und reichen von höheren Versicherungsprämien für vermutete Schnellfahrer über personalisierte Werbeanzeigen im Fahrzeug bis hin zur Lotsung in die nächste Vertragswerkstätte, wenn das System eine bevorstehende Panne erkennt. "Die gesetzlichen Regelungen zur Datensammlung stecken im Gegensatz zur technischen Reife noch in den Kinderschuhen. Daher setzt sich der ÖAMTC gemeinsam mit der FIA im Rahmen der bereits 2015 gestarteten Kampagne 'My Car My Data' für klare Regeln zur Datenerfassung und -weitergabe im Fahrzeugbereich ein", stellte Schmerold klar. "Der Konsument muss selbst wählen können, ob und welche Daten er weitergeben möchte."