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Mittwoch, 02.August 2017

Gefährliche Fehleinschätzung – viele Lenker wissen nicht, wie breit ihr Auto ist

Fahrzeuge werden immer breiter, Infrastruktur wächst nicht ausreichend mit.

Die Breite von Fahrzeugen erhöht sich nahezu bei jedem Modellwechsel. "Ein VW Golf I hatte beispielsweise noch eine Breite von 1,61 Meter, die aktuelle, siebente Generation ist bereits auf eine Breite von 1,80 Meter angewachsen – und das ohne Außenspiegel", weiß ÖAMTC-Verkehrstechniker David Nosé. "Das kann durchaus zu Problemen führen, weil die Infrastruktur nicht immer entsprechend 'mitwächst', was z.B. in Autobahnbaustellen oder Parkgaragen zu bemerken ist.“

In einer aktuellen Befragung hat der Club überprüft, ob Lenkern überhaupt bewusst ist, wie breit ihr Fahrzeug wirklich ist. "Die Ergebnisse sind ernüchternd: 86 Prozent der Befragten kannten die Gesamtbreite ihres Fahrzeuges nicht. Rund jeder Zweite lag mehr als 30 cm daneben, wobei der Großteil sein Auto schmäler einschätzte, als es wirklich ist", fasst der ÖAMTC-Experte zusammen. Ähnlich waren die Angaben zur Mindestbreite des linken Fahrstreifens in Autobahnbaustellen: 88 Prozent wussten nicht, wie breit dieser mindestens ist.

Überholverbot in Autobahnbaustellen für viele Fahrzeuge

Dabei ist dieses Wissen wichtig – vor allem, wenn man auf der Autobahn unterwegs ist und an einen Baustellenbereich kommt. Der ÖAMTC-Verkehrstechniker erklärt: "Autos, die breiter als 2,10 Meter sind, dürfen in vielen Baustellenbereichen nicht am linken Fahrstreifen fahren, sprich: überholen. Manchmal gilt das schon bei über 2 Metern Fahrzeugbreite." Aber auch diese schmalen linken Fahrstreifen sind real zumindest 2,50 Meter breit. Es ist dabei dann jedoch nicht mehr möglich, den seitlichen Sicherheitsabstand von zumindest 0,25 Metern (jeweils links und rechts des Fahrzeuges) einzuhalten, wenn das eigene Auto zu breit ist.

Abgesehen vom Sicherheitsaspekt: Da das Befahren eines breitenbeschränkten Fahrstreifens mit einem zu breiten Fahrzeug einen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung darstellt, kann ein solcher Verstoß ein Verwaltungsstrafverfahren nach sich ziehen. Und: Wird der Lenker eines zu breiten Pkw in einen Unfall verwickelt, kann unter Umständen auch die Kasko-Versicherung leistungsfrei sein.

Uneinheitliche Angaben zur Fahrzeugbreite problematisch

Laut Kraftfahrgesetz (KFG) wird die Fahrzeugbreite ohne Spiegel gemessen – dieser Wert steht auch im Typenschein, den man im Gegensatz zum Zulassungsschein in der Regel aber nicht im Auto hat. "Erschwerend kommt hinzu, dass auf der Beschilderung, z. B. an Autobahnbaustellen, die tatsächliche Fahrzeugbreite mit Spiegeln gemeint ist", erklärt Nosé. Ein Blick in die Betriebsanleitung kann helfen, allerdings muss man auch dort mit uneinheitlichen Angaben rechnen.

ÖAMTC-Verkehrstechniker Nosé gibt zwei Beispiele: "Der Audi Q7 ist laut Betriebsanleitung 1,97 Meter breit, misst mit Spiegeln tatsächlich aber 2,21 Meter. Ein Hyundai I40 ist mit 1,82 Metern angegeben, hat aber tatsächlich 2,10 Meter." Es ist daher ein Trugschluss, zu glauben, nur Kleintransporter oder SUV wären vom Fahr- bzw. Überholverbot im Baustellenbereich betroffen. "Sogar Pkw der Kompaktklasse und Kleinwagen überschreiten häufig die 2-Meter-Grenze – etwa ein Opel Astra, welcher mit Spiegel bereits 2,04 Meter misst. Unsere Recherchen von 281 aktuellen Fahrzeugmodellen zeigen, dass rund 77 Prozent breiter als zwei Meter sind, 29 Prozent sogar breiter als 2,10 Meter." Dabei zeigt sich eine Spannweite von durchschnittlich 1,94 Meter Gesamtbreite bei Kleinst- und Kleinwagen sowie 2,16 Meter bei Oberklasse Limousinen und SUV.

Club fordert einheitliche Angabe der Fahrzeugbreite

Die derzeitige Situation sieht der ÖAMTC als unbefriedigend an. "Fahrzeuglenker werden mit Breitenbeschränkungen für Fahrstreifen konfrontiert – haben aber nicht durchwegs eine klare Möglichkeit, sich über die Fahrzeugbreite mit Außenspiegel informieren zu können", kritisiert Nosé. "Der Club fordert daher von den Herstellern, zumindest in der Betriebsanleitung die Breite mit und ohne Außenspiegel anzugeben."

Aber auch die Straßenerhalter sieht der ÖAMTC-Experte in der Pflicht: "Angesichts der immer breiter werdenden Fahrzeuge sollten keine Baustellen mehr mit Fahrverboten für den linken Fahrstreifen für Fahrzeuge über 2 Meter Breite eingerichtet werden. Im Sinne der Verkehrssicherheit und bei gleichzeitiger Erhaltung des Verkehrsflusses wäre eine Erhöhung der Mindestbreite der Breitenbeschränkung auf 2,20 Meter anzudenken."

Letztlich sollten sich aber auch Fahrzeuglenker der Dimensionen ihres Fahrzeuges bewusst sein. "Bei Unsicherheit empfiehlt es sich, in Baustellen auf der rechten Spur zu bleiben und nicht zu überholen. Viel Platz haben Lenker am linken Fahrstreifen ohnehin nicht", so der abschließende Tipp des ÖAMTC-Experten.