Faltbare Kindersitze, Sitzerhöher und Generationensitz. Mit Stefan Kerbl, Leiter der Test und Technik, spreche ich jetzt über die aktuellen Kindersitztestergebnisse im Detail. Hallo Stefan, schön, dass du da bist. Servus Jenny. Es gab ja vorab leider wieder zwei Produktwarnungen. Wie kann es sein, dass die Sitze bei dem einen Crashtest durchkommen, bei jenen des ADAC im Testlabor aber durch den Fahrzeugraum fliegen? Na ja, diese gute Frage haben wir uns selbst auch gestellt, wie das funktionieren kann. An sich gibt es eine Zulassung, die alle Sitze schaffen müssen. Die müssen bei Labors gemacht werden. Wir legen allerdings schon die Latte ein wenig höher. Wir nehmen ein Auto, ein reales Fahrzeug. Das wird aber nicht mit jedem Kindersitz gecrasht, sondern wir nehmen nur die Werte aus dem Euro NCAP Crashtest und bilden das dann auf einem „Crashschlitten“ ab. Die Kindersitze müssen das dann eben schaffen. Wir finden das nicht besonders ambitioniert, denn das, was Erwachsenen an Sicherheit in ihren eigenen Autos zusteht, das, finde ich, sollten auch die Kinder an Sicherheit in ihren Kindersitzen haben. Das waren ja beides Generationensitze, die da leider ein „Nicht genügend“ bekommen haben. Worauf müssen denn Eltern achten, wenn sie so einen Sitz kaufen wollen? Der muss ja einen Spagat schaffen, dass er für alle Kindergrößen gut ist. Na ja, das „Nicht genügend“ haben die mal weg vom Crashtest erhalten. Das haben wir schon oft auch bei normalen Kindersitzen erlebt. Aber ein Generationenkindersitz ist für den Hersteller eine Herausforderung. Die Kinder wachsen sehr stark, nehmen auch an Gewicht zu, und ein „one fits all“-Sitz ist nicht so leicht zu bauen. Und im konkreten Fall war es tatsächlich so, dass das nicht so gut gelöst war. Diese Sitze beginnen mit Hosenträgergurten, diese müssen dann verwahrt werden und später wird das als Sitzerhöher weiterverwendet. Und genau hier spießt es sich oft. Im konkreten Fall hätte man diese Gurte gar nicht mehr richtig montieren können. Und das ist auch die große Herausforderung für die Markenhersteller: Was mache ich mit den Hosenträgergurten? Bei einem guten Produkt kann ich die Sitzgurten einfach auf die Seite schieben, verwende ihn als Sitzerhöher weiter und bei den weniger guten muss ich das demontieren – und das kann ich aber im Fachhandel gut prüfen. Wenn man sich schon so etwas kauft, würde ich das dringend im Handel ausprobieren und nicht irgendwie blind online kaufen. Kommen wir zu den erfreulichen Ergebnissen. Es gab ja auch einige gute Sitze, da waren auch Sitzerhöher dabei. Was ist das genau und ab welchem Alter würdest du den empfehlen? Ein Sitzerhöher ist eigentlich kein klassischer Kindersitz mehr, sondern es ist eigentlich nur noch ein Sessel und das Kind wird mit dem Fahrzeuggurt gesichert. Der Sitzerhöher hat aber die Aufgabe, den Gurt so an den Kinderkörper anzupassen. Der wächst dann wirklich mit dem Kind mit, sodass also am Becken wirklich der Beckengurt anliegt und der Schultergurt auch wirklich immer über die Schulter verläuft. Verwenden kann man solche Sitze ab etwa über einem Meter Körpergröße. Das bedeutet ein Alter von 3 bis 4 Jahren bei den Kindern. Es ist aber nur wichtig, dass auch die geistige Reife der Kinder soweit ist, dass sie gehorchen können und das tun, was man ihnen sagt. Denn das Problem beim Fahrzeuggurt ist: den kann ich nicht festzurren. Ein Hosenträgergurt wird gespannt und bleibt dann so. Der Fahrzeuggurt bleibt nicht so! Das heißt, wenn die Kinder hier mit der Schulter irgendwie rausschlupfen, dann sitzen sie nur mehr mit dem Beckengurt – und dann wird’s gefährlich. Also diese zwei Punkte muss man im Kopf behalten: Die Kinder müssen groß genug sein und sie müssen auch brav genug sein, um im Auto so sitzen zu bleiben, wie man es ihnen sagt. Im Test waren ja auch faltbare Kindersitze. Ist ja ziemlich praktisch, wenn man auf Reisen geht, dass man die tragen kann wie einen Koffer. Die haben jetzt aber nicht so gut abgeschnitten. Was würdest du da empfehlen? Also das macht mich ein wenig traurig, dass diese Sitze nicht so gut sind, weil ich habe sie extra hinein reklamiert. So Reisekindersitze oder kompakte Kindersitze sind eigentlich Produkte, die wir vermissen. Weil sehr oft Mitglieder fragen: Gibt es nichts Kompakteres? Die Sitze sind so groß oder ich habe gar kein eigenes Auto mehr, ich borge mir das Auto nur aus und muss den Sitz irgendwie ständig umbauen. Und jetzt haben wir hier mehrere so faltbare Sitze dabei gehabt, beide von einem Hersteller, einer für die kleineren Kinder mit Hosenträgergurtsystem, der andere eben ein Sitzerhöher. Beide haben uns nicht überzeugt. Es ist zwar jetzt nicht ein völliges Desaster – in dem einen Sitz haben wir Schadstoffe gefunden und er hat deswegen auch ein „Nicht genügend“ bekommen. Sie hätten aber sonst auch nicht das „Befriedigend“ überschreiten können, weil die Bedienung sehr mühsam ist. Und da muss ich schon ein bisschen Kritik äußern, weil das kann man besser hinkriegen als Markenhersteller – also klappbare Sitze zu bauen. Wir hatten ja solche Sitze auch schon in der Vergangenheit und diese Tests sind immer noch online zu finden auf der ÖAMTC-Homepage. Und eine letzte Frage: Aus welchen Materialien sind denn aktuelle Kindersitze und wie schaut es mit der Haltbarkeit aus? Die Materialien sind gleich geblieben, aber die Materialmenge ist ein Problem. Die neue Richtlinie schreibt vor, dass der Kindersitz mit Kind maximal 33 Kilogramm wiegen darf, wenn er mit Isofix befestigt wird. Es versuchen die Hersteller natürlich, Gewicht zu sparen, was in Ordnung ist. Nur da muss ich mit der Materialqualität in die Höhe gehen und wir sehen sehr oft Haltbarkeitsprobleme, die wir bisher gar nicht geprüft haben, und überlegen uns, für die nächste Überarbeitung des Testprogramms tatsächlich Haltbarkeitsversuche zu machen, weil das immer mehr zum Problem wird. Leichter Sitz aus billigem Material – das passt nicht. Ja, da waren jetzt wieder einige neue Informationen für mich dabei. Vielen Dank Stefan, fürs Gespräch und deine wichtigen Tipps. Danke für die Einladung Jenny. Die genauen Testergebnisse gibt es auf unserer Website.