Moderne Kunst

Hyundai schnuppert Höhenluft und will mit dem Tucson in der Premium-Liga der Kompakt-SUV mitspielen. Die harte Konkurrenz: Der neue BMW X1 und der arrivierte Audi Q3.

Ein Ende des SUV-Booms ist nicht abzusehen: Mittlerweile entfallen 24 Prozent aller Neuzulassungen (von Jänner bis Oktober 2015) auf die Kategorie Geländewagen und SUV. Während speziell Vans wie Renault Scénic oder VW Sharan in der Gunst der Käufer schwächeln, sind SUV – also die Sport Utility Vehicles – die Quotenbringer. Die Gründe dafür? Sowohl Optik als auch Image, aber auch die hohe Sitzposition und ein ausreichendes Platzangebot, jedoch sehr selten eine (eher theoretische) Geländegängigkeit.

Mit dem ix35 war Hyundai in Sachen Stückzahlen bereits bisher bestens aufgestellt. Dessen Nachfolger Tucson soll das Kunststück schaffen, etwas weiter in Richtung der Premium-SUV zu rücken. Hier winken einerseits Prestige für die Marke, aber auch eine größere Gewinnspanne. Um etwa 2.000 Euro ist ein vergleichbarer Tucson teurer als sein Vorgänger ix35 – ein kleiner Drahtseilakt von Hyundai zwischen den Aufgaben, neue Kunden zu gewinnen und die alten zu behalten.

In der Premiumklasse ist die Luft allerdings dünn. Hier trifft der Tucson etwa auf die zweite Generation des BMW X1, der jetzt auf der neuen Frontantriebs-Plattform basiert (wie auch die Kompaktvans BMW 2er Active/Gran Tourer). Einer der wichtigsten Platzhirsche in diesem Segment ist der Audi Q3, der zwar schon seit 2011 großteils unverändert gebaut wird, sich aber noch immer bestens verkauft.

Im Dreikampf um die Krone treten die Kandidaten jeweils in starker Dieselmotorisierung mit zwei Litern Hubraum (184 bis 190 PS), einem Automatik-Getriebe und Allradantrieb an. Die Preise? Rund 44.000 Euro sind für Audi und Hyundai zu kalkulieren, der BMW liegt 1.000 Euro darüber.

Preislich also eine mutige Ansage von Hyundai, sich in die Regionen von Audi und BMW zu wagen. Allerdings handelt es sich beim Testkandidaten um das Topmodell der Baureihe, sowohl was Motorisierung als auch Ausstattung betrifft. Einen Tucson gibt es schon ab 23.990 Euro (132-PS-Benziner mit Frontantrieb), während die preisliche Einstiegsschwelle in einen X1 (29.950 Euro für den 136-PS-Benziner mit Frontantrieb) oder Q3 (31.420 Euro für 120-PS-Diesel, Frontantrieb) deutlich höher ausfällt.

Auch optisch hat der Tucson – vor allem an der Front – jegliches Tiefstapeln abgelegt. Der großflächige Kühlergrill mit seinen drei Chromstreben verkündet das neue Selbstbewusstsein. Der Hyundai ist länger und breiter als sein Vorgänger, aber etwas niedriger: gut für das Platzangebot, gut für das Erscheinungsbild.

Hyundai Tucson

Ein Komplett-Angebot mit Topausstattung, jedoch Verbesserungspotenzial bei der Kraftübertragung.



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Preis-LeistungsSieger. Viel Platz, aber zu hoher Verbrauch.
Einmal alles heißt es in der Ausstattungsvariante "Platin" beim Tucson: Von Navi über Ledersitze, LED-Licht bis hin zur elektrischen Heckklappe ist alles an Bord. Positiv: Auch Sicherheitssysteme wie Notbremsassistent oder Querverkehrswarner sind inkludiert.

Das Platzangebot ist auch in der zweiten Sitzreihe großzügig, das Kofferraumvolumen absolut ausreichend. Rund um den Fahrersitz verwöhnt der Tucson mit den großzügigsten Ablagemöglichkeiten im Vergleich. Bei den Materialqualitäten im Innenraum kann der Hyundai nicht mit Audi und BMW mithalten. Viele Verkleidungen aus hartem Kunststoff sind natürlich auch im Einsteiger-Tucson zu finden und wirken dann im Topmodell etwas billig. Gut: die Übersichtlichkeit im Cockpit und die Bedienung. Die Ledersitze: gemütlich, jedoch mit wenig Seitenhalt. Sie lassen sich nicht nur heizen, sondern im Sommer auch in drei Stufen kühlen.

Während die Benziner-Tucson in Automatik-Version mit einem modernen Doppelkupplungsgetriebe ausgestattet sind, muss der starke Diesel mit einer Wandler-Automatik auskommen. Die agiert eher verhalten, auf Bergstraßen schaltet man dann lieber in den manuellen Modus. Während die Laufruhe des Motors gefallen kann, fällt der Verbrauch unangenehm auf: 7,6 l Diesel/100 km sind zu viel.

Gut: Fünf Jahre Garantie ohne Kilometerbegrenzung. Im Endergebnis rückt der Hyundai dem Audi ganz knapp auf den Pelz. Aber Verbrauch und die träge Automatik kosten knapp den zweiten Platz.

Audi Q3

SUV mit Coupé-Optik und sportlichem Anspruch, aber im Vergleich schon etwas angegraut.



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Komfortabel, feine Motor-Getriebe-Kombi. Schwache Serienausstattung.
Der Grundpreis ist nur die halbe Wahrheit. Selten, dass man bei einem Fahrzeug, das ohnehin schon 43.600 Euro kostet, die Klima-Automatik oder den Tempomat noch einmal extra bezahlen muss. Um auf das Ausstattungsniveau des Tucson zu kommen, müsste man noch einmal rund 13.000 Euro investieren. Der Beliebtheit des Audi tut dies aber keinen Abbruch.

Top: die gute Verarbeitung und die hochwertigen Materialien im Innenraum. Gewöhnungsbedürftig: die ausgesprochen hohe und aufrechte Sitzposition. Cockpit: sehr übersichtlich und ohne Rätsel, allerdings mit zu wenigen Ablagen. Und nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist die Multimedia-Bedienung MMI mit dem kleinem Drehknopf an der Armaturentafel. Hinter dem Schalthebel wäre eindeutig der bessere Platz.

Laufruhig, gut gedämmt und kräftig zeigt sich der 2-Liter-Dieselmotor. In Verbindung mit der tadellosen 7-Gang-Automatik sorgt der Antrieb für Freude und die besten Fahrleistungen im Vergleichstest. Allerdings trübt der hohe Verbrauch das Bild: zwar einen halben Liter unter dem Hyundai, aber 7,1 l/100 km auf der auto touring-Normrunde sind kein Ruhmesblatt. Dafür schluckt der Audi Straßen-Unebenheiten aller Art am geschmeidigsten.

Während das Platzangebot vorne passt, wird’s hinten knapp. Neben geringer Kopffreiheit bietet der Audi hier den kleinsten Knieraum im Vergleichstest. Auch der Kofferraum bietet das geringste Volumen, dafür die höchste Ladekante. Garantie: nur zwei Jahre.

BMW X1

Mission gelungen: Auch die neue technische Basis bringt ihn unangefochten an die Spitze.



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Fahraktiv, gutes Platzangebot, niedriger Verbrauch, gute Automatik
Groß war die Aufregung in der Fangemeinde. BMW und Frontantrieb, BMW und Dreizylinder? Dass das gut zusammengeht, zeigt der Verkaufserfolg von BMW 2er Active/Gran Tourer. Und auch die zweite Generation des X1 profitiert von der neuen Plattform. Das Platzangebot wurde spürbar größer, in der zweiten Reihe bietet er etwa 28 Zentimeter Knieraum, das ist der Bestwert im Vergleich. Die Rücksitze lassen sich zusätzlich um 13 Zentimeter verschieben, die Lehnen in der Neigung anpassen. Kofferraum: niedrige Ladekante ohne Stufe. Unter dem Laderaumboden befindet sich ein großes, gut nutzbares Zusatzfach.

Auch durch die spürbar höherwertigen Materialien im Innenraum rückt der BMW seinem größeren Bruder X3 schon sehr nahe. Die ergonomischen, allerdings relativ schmalen Sitze bieten guten Seitenhalt, der große iDrive-Regler hinter dem Schalthebel liegt gut zur Hand und lässt sich ohne Blickkontakt bedienen. Ein Gustostück ist die Acht-Gang-Automatik, die die Gangwechsel ruckfrei durchführt und fast immer die optimale Übersetzung bereitstellt.

Der Motor: laufruhig und gut gedämmt. Der Verbrauch: 5,9 Liter für ein 190-PS-Auto mit Allrad und Automatik können sich wirklich sehen lassen. Bei der Beschleunigung verfehlt der X1 allerdings die optimistischen Werksangaben ziemlich deutlich. Der Fahrkomfort: gut, aber nicht ganz so geschmeidig wie der Audi. Schwarzer Fleck auf der weißen Weste: keine Garantie, sondern nur zwei Jahre Gewährleistung.

Das Video zum Vergleichstest


Spiel, Satz, Sieg. Die zweite Generation des BMW X1 setzt sich – auch dank der neuen technischen Basis – an die Spitze. Der Audi Q3 ist enger geschnitten, seine Serienausstattung ist mager, er bietet aber gute Fahrleistungen. Nur hoher Verbrauch und die träge Automatik verhindern knapp eine bessere Platzierung des Hyundai Tucson.